Kasper Hate – Violent Violet

Kasper Hate – Violent Violet

Neue Musik gibt es auch vom Hamburger Projekt Kasper Hate. Was die Band in den Medien als „Befreiungsschlag“ beschreibt, ist ein Album, das die Klangwelten auf dunklen Loopings ausschöpft.

„Anti-Love“, so heißt der Titel, der mit Schall und Hall den Auftakt macht. In dumpfen Beats, denen ein schwacher Wave-Sound zugrundliegt, bewegt sich die bearbeitete Stimme, die dich denken lässt, du betrittst das Computerspiel deiner Seele. Und es ist ein wirres Spiel, dem hin und wieder von metallischen Schlägen zugesetzt wird. Setzt man dir zu? Bist du eine Maschine, eine Maschine in Violet? „Violent Violet“ schließt sich bedrohlich düster an, lässt die Stimme auf dem reitenden Rhythmus etwas menschlicher erscheinen. Du bemalst deine eigenen, inneren Wände, die Sünde und einfach alles. Violet ist dein neues Schwarz und du hörst die metallischen Schläge, die deine Gedanken unterbrechen. Einen Tick schneller, vielleicht etwas orientalisch angehaucht, folgt „Hurts Like Hell“, ein Track, der beweist, dass man tieftraurige Melancholie auch in bearbeitete Soundwelten packen kann. Und diese halten dich wie in einem Vakuum – fest auf der Stelle. „I wish I could turn back time“, heißt es hier. Aber wer kann schon die Zeit zurückdrehen? Aber was war, das bleibt für immer. Es hat dich beeinflusst, geprägt. Und so lässt es der nächste Titel verlauten: „When I live this world I live in your fairway”. Schnell, eindringlich, beatig präsentiert sich der Track und doch strotzt er von einer verträumten Wortwahl, die schräge Sequenzen umkreisen. Noch tiefer in die Abgründe der Seele geht es in „Day 7“, einer musikalischen Interpretation der Geschichte der Schöpfung, die in zunächst hohen und beschwingt-verträumten Tönen verpackt wird, die schnell von prägenden Drums dominiert werden. Der fast leiernd wirkende Singsang wirkt hypnotisch. Und immer wieder hörst du diese Stimme, maschinengleich. Es war zu spät. Bedrohliche Dunkelheit vermischt sich mit den hellen Tönen und du hörst das lebendige Pfeifen, dabei ist es doch so erdrückend. „Sand On Sand“ vereint die Stimmungen in dir. Und da sind der Kummer und das Erdrücken, das Sand auf Sand-Gefühl. Es folgt „Rapture Me“ und was du zunächst hörst, ist ein einzelner Ton, der gefahrvoll naht, bis reitende Drums dich mitnehmen. Bist du dazu bereit, mit deinem Baby ins Meer der Sünde einzutauchen? Wiederholungen, das Tempo zunächst gemäßigt und dann ansteigend, schräge kurze Parts und mittendrin badet wollüstig die ersehnte Sünde. Du hörst schellende Glöckchen und es heißt: „Baby, you rapture me!“ Doch sofort gibt „Culpa“ wieder den Schmerz und irgendwas zwischen Verlieren und Lebendig sein wieder und das gewohnt schräg, eingebettet in dominierende Drumbeats. Diese wiederum liefern sich in dem nachfolgenden Instrumental-Track „Succus“ einen Wettstreit. Doch die schnellen Drums lassen sich nicht beirren. Unentwegt hörst du weiter ihren Schlag und düst in diesem Titel in weite Trancewelten. Und dann wird sie plötzlich sehr klar, die Stimme, die sich verträumt melancholisch auf den schrägen Tönen bewegt und sich so oft wiederholt, dass dich die Frage erdrücken will: Wie kam es dazu, dass du dich alleine fühlst? Und da sind Flammen und irgendwann wird da Asche sein und allein wirst du fliegen. Allein – wieviel Nähe braucht ein Mensch? Es ist die Liebe in Ketten… „You raise me up.“, heißt es in „In Chains“, der sich melodisch absetzt. Stimme und Sound bilden eine harmonische Einheit. Was ist Schmerz? Wann bist du frei? „You put my love in chains.“ Und da bleibt sie – in Ketten – deine Liebe. Und alles endet mit dem Track „And The Beast Became Flesh And The Flash Became Us”. Du spürst die Schwingungen des Schrägen in deinen Ohren, kurz steigst du auf den melodischen Bogen, der folgt, atmest auf, doch dann stürzt du wieder herab und es holt dich ein - das Biest. Das Biest in dir? In ihr? Was hat es aus dir gemacht?

Kasper Hate bescheren uns weit mehr als elektronische Musik. Sie führen in ihre „violette Seelenwelt“, die mitunter das Unerträgliche ein bisschen erträglicher macht oder eben einfach den Kopf – maschinengesteuert – für einen Augenblick resettet. Man fühlt sich ganz gut aufgehoben.

 

ScentAir Records

 

15.08.2020

 

https://www.facebook.com/kasperhate

 

01. Anti-Love

02. Violent Violet

03. Hurts Like Hell

04. Fairway

05. Day 7

06. Sand On Sand

07. Rapture Me

08. Culpa

09. Succus

10. How Did I End Up All Alone

11. In Chains

12. And The Beast Became Flesh And The Flesh Became Us

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