Individuell injizierte Reflexion. Nicht 'macht kaputt, was Euch kaputt macht', sondern 'verlass den Kreislauf der Kontrolle. Erlange die Kontrolle über die Technologie bzw. die Maschinen zurück". Joris J weist mit seiner Dominanz über die Maschinen einen Weg aus dem seiner Meinung nach stattfindenden Kontrollverlust. Vielleicht ist auch das ein Grund, warum auf seinem neuen Werk "Ochrana Birth" jeglicher Rhythmus fehlt. Bedeutet Rhythmus nicht auch Kontrolle? Aber wer kontrolliert wen? Der Künstler den Song? Der Song den Hörer? Oder aber beides, womit der Musiker zum teilweisen Diktator des Hörers wird, sofern dieser es zulässt? Mit seinem Noise-Projekt, das gar nicht durchweg noisig ist, setzt Martin Schilling immer wieder neue und extreme Ideen um. Hier geht es nicht darum, zu gefallen, sondern darum, nachzudenken. So etwas wie eine sanfte Ohrfeige mit Bildungscharakter. Oder bloßer Krach für diejenigen, die mit dieser Musik nichts anfangen können. Da ihm die Rockmusik, von der er ursprünglich kommt, zu steif und strukturiert war, wechselte er zum Industrial und tendiert auch dort noch zum Extrem. Keinerlei Schema folgend, blubbert und piepst es, ein paar Gitarrenriffs sind zu hören, Drones auch, ebenso wie Melodiefetzen. Aussichtslos, das beschreiben zu wollen. Viel interessanter ist aber die Frage, ob Joris J Interesse für sein Anliegen wecken kann. Steht der Hörer auf, nimmt sein Leben selbst in die Hand und wehrt sich gegen die Kontrolle? Natürlich reicht dafür der Konsum von "Ochrana Birth" nicht aus, aber die auf 150 Exemplare limitierte CDR macht neugierig. Zu speziell, um immer zu gefallen, aber abgefahren genug, um Eindruck zu schinden.