Dass ‚Bleed on’ als zweite Auskopplung des Albums ‚Redeemer’ gerade prädestiniert ist, darüber waren sich Rezensent und Künstler wohl bereits frühzeitig einig. Jetzt liegt die Single vor und enthält neben eine Neuinterpretation des Titelstücks den nagelneuen Track ‚Passionately’ sowie einen Remix von ‚Reloved’. Nach dem ersten Hören des ‚Masterlamb Single Edits’ von ‚Bleed on’ bin ich etwas irritiert. Dies mag daran liegen, dass ich insgeheim schon konkrete Vorstellungen hatte, wie ein Remix auszusehen hätte: und zwar so, dass die dynamischen Anteile des Originals, sprich der tiefe analog erscheinende Basslauf und die 4/4 Beats prominent gefeatured den Track ein Stück weiter in Richtung Club-Track hieven würden. Janoschs Gedanken für eine Neubearbeitung hingegen gehen eher in die sphärisch, knisternde Ecke mit Minimalparts, Streichereinsätzen im Zwischenspiel und ersetzen sogar die so lieb gewonnene Bassline. Nachdem das Überraschungsmoment verflogen ist und sich der Remix ein paar Mal durch meine Gehörgänge geschlängelt hat, beginnen sich die anfänglichen Bedenken jedoch nach und nach aufzulösen, denn die gewählte Ausrichtung macht Sinn. Der Track schwebt geradezu durch den Raum, mit einer Leichtigkeit, die dem Original fehlt, ist filigraner instrumentiert und die Abmischung der Vocals fügt sich weicher in den Gesamtkontext ein als dies bei der Album-Version der Fall ist. ‚Passionately’, der neue Song, ist von der Sorte, die gemäßigt anfängt und sich bis zum verzerrten Exzess steigert. Dies gilt sowohl für die Beats als auch für Janoschs Stimme, die am Anfang authentisch, klar und verletzlich klingt (vielleicht auch die ein oder andere sympathische kleine Schwäche aufweist), sich im Mittelteil jedoch vor Distortion kaum noch retten kann. Weitere Merkmale sind die dezent gezupfte Gitarre und die in mühevoller Kleinarbeit zusammengefügten Clicks und Noises, die derzeit für Janosch Moldau stehen, wie nur für wenige andere Kollegen des Genres. Der Remix von ‚Reloved’ heißt passenderweise ‚Deconstruct’. Von der Stimmung der sakral angehauchten Version auf dem Album ist nicht viel übrig geblieben, stattdessen baut sich eine bedrohliche Kulisse mit brummenden Flächensounds und misteriös-traurigen Gitarren auf. Der Gesang tritt dabei in den Hintergrund und taucht nur in Fragmenten auf. Als Bonus enthält die Single das in schwarz-weiss gehaltene, teilweise surreale Video zu ‚Bleed On’, das durch die geschickte Wahl der Blickwinkel und der Kostüme zu überzeugen weiss. Das Release macht von neuem klar, dass Janosch Moldau ein Perfektionist ist, der an seinen Stücken lieber noch einen Monat länger herumbastelt als unausgegorene Sachen zu veröffentlichen. Und so möchte ich nicht wissen, wie viele weitere Versionen es von ‚Bleed on’ und ‚Reloved’ noch gibt, die auf dem Weg von den Album Tracks zu den Mixen kreiert und sofort wieder verworfen oder weiterentwickelt wurden. In den Clubs wird Janosch Moldau auch mit dieser Single nicht punkten können, die Freunde des detailverliebten knistern und knarzenden Synthpop, die das Album und vor allem die ‚On My Own’ Remixes schätzen gelernt haben, werden jedoch auch diese Veröffentlichung sofort in ihr Herz schließen.