“Don’t judge a book by its cover” lautet die allseits bekannte, englische Binsenweisheit, die davor warnt, aufgrund von Oberflächlichkeiten falsche Schlüsse zu ziehen. Wenn man diesen Spruch zu hören bekommt, geht man meist davon aus, dass der Inhalt besser ist, als seine Verpackung. Dass es jedoch auch umgekehrt prima funktioniert, davon zeugt das schlicht „IV“ betitelte Album der Kieler Prog Metal „Ivory Tower“. Die CD wird in einem schicken Digipack mit dunkel-mysteriösen Bildern, die ein wenig an Stephen King’s „Dunklen Turm“ erinnern, präsentiert und ein dickes Booklet, abermals mit stimmungsvollen Bildern gefüllt, in dem sämtliche Texte abgedruckt sind, machen bereits vorm Anschalten des CD-Players Laune und Lust auf die Musik. Leider folgt, auf die anfängliche gute Laune, schnell Ernüchterung. Nach einem kurzen Keyboard-Intro folgen Klänge, die eher Democharakter besitzen, und normalerweise auf einem professionell produzierten Album nichts zu suchen haben. Das liegt vor allem am lasch aufgenommenen Schlagzeug, welches irgendwo in weiter Ferne zu spielen scheint, und durchweg, auf sämtlichen Songs nahezu gar nicht zu hören ist. Über jenen noch nicht mal mit gutem Willen als ‚Fundament’ zu bezeichnende Rhythmus legt sich ein grummelnder Bass; vollendet wird das Klangspektakel von alles zukleisternden Gitarren, die, meist aufwändig gemultitracked, belanglose Metalriffs zwischen „Dream Theater“ und „Fear Factory“ von sich gibt. Die Sangesstimme, die, oft philosophisch gemeinten, aber immer düsteren Texte rezitiert, besitzt viel zu wenig Hall und wurde scheinbar so gut wie gar nicht durch einen Equalizer gejagt. Beim Studieren der letzten Seite des Booklets wird auch schnell klar, woran das liegt: produziert und gemischt von Gitarrist Sven Böge und Sänger André Fischer. Angeblich gab es lange Zeit Schwierigkeit beim Finden eines geeigneten Produzenten für dieses Werk; die finale Lösung der Selbstproduktion ist vieles, gelungen ist sie nicht. Solche Verunglimpfungen, die während Aufnahme und / oder Abmischung entstehen, erzeugen immer Ärger und Unverständnis, vor allem, wenn sich die musikalische Qualität eigentlich in einer ganz anderen Liga abspielt. Nun ist „IV“ – sollte man fast meinen glücklicherweise? – größtenteils musikalisch in etwa so überzeugend, wie die Produktion, jedoch scheitern selbst die wenigen herausragenden Momente an ihrem eigenen Klang. „Loss“, eine nette Ballade mit gelungener Gesangsmelodie, traut man gar Hitqualitäten zu – wenn nur jener wahrlich garstige Akustikgitarrensound völlig undynamisch und platt alles verschandeln würde. Richtig schlimm wird es schließlich im kürzesten Song des Albums, „Child Of Burden“, dass einen Plastikorchestersound aus einem billigen japanischen Keyboard auffährt und nach sieben Songs nunmehr bestimmt alle Hörer verschreckt, die bis dorthin durchgehalten haben.