Die Zeit von Inside war kurz, aber dafür intensiv. Das Projekt, zu dem u.a. Szene-bekannte Musiker wie Winus Rillinger, Markus Borowski (beide damals bei The Eternal Afflict, die sich Mitte der Neunziger gerade aufgelöst hatten), Darrin Huss (Psyche) und Julia Beyer (Technoir) zähl(t)en, deshalb als kleine Legende zu bezeichnen, erscheint daher gar nicht so falsch. Die im vergangenen Jahr erschienene Compilation „Extremities“ bietet einen 18 Tracks umfassenden Rückblick auf die kleine Lebensgeschichte der Dark Wave-Legende. 1995 erschien mit „Room Full Of Mirrors“ (damals noch mit Angela Jana als Sängerin) das erste Album, dem u.a. die unvergesslichen Tracks „Vampire“, „Labyrinth“, „The Whip“ und „Last Embrace“ entnommen wurden – der Longplayer gehört mit seinen druckvollen Dark Electro-Hits inzwischen zu den State Of The Art-Vö’s der damaligen Electro-Szene. Mit der traumhaften Single „November Day“ landeten Inside etwas später erneut einen Riesenhit. Drei Jahre nach der Veröffentlichung ihres Debüts folgte dann endlich der zweite Longplayer „Beware“, der deutlich härter und gitarrenorientierter als die düsteren Pop-Songs der vergangenen Jahre ausgefallen war und die Fangemeinde spaltete (inzwischen mit Julia Beyer als neue weibliche Stimme). „Kama Sutra“, „Criminal Mind“, „Beware Of The Dog“ und das coole Remake von Frankie Goes To Hollywood’s „Relax“ legen davon ein beeindruckendes Zeugnis ab. Während dessen begannen übrigens Mark und Cyan The Eternal Afflict wieder zu reformieren. Nach „Beware“ wurde es dann still um Inside, ein Lebenszeichen war bis vor kurzem nicht mehr von ihnen zu vernehmen. Ob Inside jemals wieder erwachen werden, ist unsicher. Vielleicht wurde „Extremities“ vielleicht gerade deshalb veröffentlicht, um neue Hoffnungen zu schüren? Ein kluger Schachzug! Ein ganz neues Stück gibt es auf „Extremities“ (noch?) nicht zu hören, dafür vereint die Compilation neben den besten Tracks sämtlicher Inside-Veröffentlichungen eine Vielzahl an bisher unveröffentlichem Material – ein Geschenk an die treuen Hörer der letzten Jahre. Der Track „The Man With The Golden Gun“ zum Beispiel (mit Linda Matthews als zweiter Sängerin), wurde ursprünglich für ein Tribute zu „James Bond“ komponiert. Dark Wave-Hymnen wie „Passing Stranger“ und „After Dark, My Sweet“ oder Mr. Hyde“ sind das Ergebnis talentierter und engagierter Musiker, die den Underground – wenn leider auch nur für kurze Zeit – um etliche kultverdächtige Dancefloor-Hymnen bereicherten. Zweifelsohne sind auch The Eternal Afflict und Psyche aus dieser Zeit nicht wegzudenken, prägten sie doch mit ihren mystischen, unvergleichlichen Songs zu jener Zeit das Dark Wave/Electro-Genre erheblich. Ob Inside nun jedoch – die 1999 zuletzt mit Eric Burtons Band Catastrophe Ballet auf Tour waren – eine Wiederkehr ins Musikgeschäft versuchen sollten, ist fraglich. Zu lange hat man nichts von ihnen gehört. Sollten sie es probieren, wie werden sie dann im Jahre 2004 klingen? Wieder mit harter Gitarre, melancholisch à la „November Day“, vielleicht düster-elektronisch im Stile von „Vampire“ – oder ganz anders? Andererseits schlummert irgendwo im inneren des Fans der Wunsch, Inside wieder vereint mit neuem Material zu hören und zu sehen. Vielleicht wäre es doch einen Versuch wert? The Eternal Afflict haben ihr Comeback damals relativ erfolgreich hinter sich gebracht und über die Songs von Psyche können wir uns heute noch freuen. Aber mit „den alten Zeiten“ ist das immer so eine Sache ... „Extremities“ ist mit seiner riesigen Bandbreite an Songs auf jeden Fall eine Anschaffung wert! Und Psyche-Fans können bei „Extremities“ ebenfalls zugreifen, denn Darrin Huss‘ Stimme gab den Inside-Songs ja schließlich das berühmte Tüpfelchen auf dem „i“.