Was das Duo Knut Enderlein und René Lehmann aka Inade von Beginn an ausgezeichnet hat, war die Ergründung des Metaphysischen in Kombination mit düsterem Ambient. Diese Verknüpfung von Transzendenz und realer Empfindung löst einen besonderen Reiz beim Hörer aus und lässt ihn Inades Musik abtauchen. Jedes Album und jede Zusammenstellung lässt daher aufmerken, nimmt doch diese metaphysische Reise jedes Mal andere Formen an.

Mit "Audio Mythology One" blicken Inade auf die letzte Dekade zurück und bringen rare und bisher unveröffentlichte Tracks zu Gehör. Trotz der Retrospektive gibt es also neue Songs zu hören. Mit dem Opener "The Engine Of Inferno" geben Inade ein Stück aus ihrem Liveprogramm preis. Der Song basiert auf den beide Stücken "The Engine Of Space" und "Abandoned Inferno" vom letzten Album "The Incarnation Of The Solar Architects". Wie schon auf dem Album, so wird auch hier Gottfried Benn zitiert (diesmal das Gedicht "Verlorenes Ich"), während nebenbei in den über 10 Minuten Spielzeit tiefe Drones, Fanfaren und später sogar Trommelschläge ebenjenes Inferno zitieren.

Mehr als acht Jahre liegen zwischen diesem und dem darauffolgenden, relativ monotonen Track "Metaspheres", der von der Compilation "The Walls Are Whispering" aus dem Jahr 2003 stammt. Ebenfalls erstmals auf einer Compilation veröffentlicht wurde "Divine Hybrid" ("A Final Testimony", 2004), das neben Drones, Piano und Streichern mit einigen Geräuschen und Samples überrascht. Mit dem bisher unveröffentlichten "Nomina Nuda Tenemus" springen wir wieder zu "The Incarnation Of The Solar Architects". Das Material zu dem Song stammt aus den Sessions zum damaligen Album und wartet mit Samples aus "Der Name der Rose" auf, während eine sich ständig wiederholende Melodie den passenden Hintergrund dazu bildet.

Von der 2006er Split-CD mit Anenzephalia und Operation Cleansweep stammt das folgende "Asteroid Probe", das mit tiefen Drones aufwartet. Eine Besonderheit findet sich in dem ebenfalls bisher unveröffentlichten "Ethos Anthropo Daimon". Der Song beinhaltet verschiedene RAF-Samples, da er für ein Meinhoff-Projekt gedacht war. "The Ocean Of Fate" klingt mit seinen düsteren Streichern, mechanischen Geräuschen, Paukenschlägen und dem angedeuteten Ruf eines Vogels und der damit erzeugten, dichten Atmosphäre wie ein Song von einem Soundtrack. Den Schlusspunkt setzt das von der Compilation "A Tribute To Zdzislaw Beksinski" stammende "The Tower Of Bones". Finster, bedrohlich und apokalyptisch klingt dieser Rausschmeißer.

Leider ist diese Zusammenstellung damit schon an ihrem Ende angelangt. Wie gern würde man sich jetzt noch weiter verlieren in Inades raum- und zeitlosen Sphären. Wer sich das Album in der LP+CD-Version gesichert hat, der kann das zumindest in abgewandelter Form, denn das Tracklisting der LP unterscheidet sich nicht nur in der Reihenfolge der Tracks, sondern auf der LP wurden die Songs zu zwei Stücken mit je 22 Minuten Spielzeit gemixt. Eine schöne Idee, diese beiden Formate miteinander zu verbinden. Hoffentlich wird das bei der Fortsetzung dieser Archiv-Reihe wieder der Fall sein. "Audio Mythology One" ist jedenfalls, egal ob als CD oder LP+CD, ein Must-Have.