25 Jahre Baumschule. Und noch immer werkeln die Zwillinge Nigel und Klive Humberstone zusammen an interessanten Sounds und verfolgen stets das Ziel, die Musik von IN THE NURSERY sukzessiv weiter zu entwickeln. Neben unzähligen Alben waren sie auch in der Filmmusik äußerst aktiv und in einigen bekannten Streifen zu hören. Diesmal schlagen sie mit „Era“, ihrem neuesten Studio-Werk, zu. Einem Album, bei dem sie mit den Sängerinnen Dolores Marguetite C. und überraschenderweise Sarah Jah Hawley, die für ihre Kollaboration mit der Electronica-Band Massive Attack bekannt ist, zusammen arbeiteten. Die erzeugten Klanglandschaften dürften auch nach einem viertel Jahrhundert als äußerst hörenswert bezeichnet werden. „Era“ zeichnet sich dabei durch eine interessante Mischung aus. Auf der einen Seite finden wir beinahe Popsongs (ohne den Begriff despektierlich zu benutzen) wie „Futurebuild“, „Vantage“, oder die Ballade „Tempered Wings“, bei denen der Gesang deutlich im Vordergrund steht. Auf der anderen Seite tönen typische Neoklassik-Lieder mit Military-Einschlag (z.B. „Blueprint“ und „Material & Form“), bei denen die instrumentale Musik im Vordergrund agiert. So hören wir bei „Material & Form“ liebliche Melodien, bereitet durch zart gezupfte Harfen und Streicher. Verbunden werden diese Klänge mit dunklen, durch Synthesizer erzeugte Basstöne, bevor sich Orgeln dazu gesellen und dumpf schlagende Drums den Rhythmus bestimmen. In die selbe Kerbe schlägt der Opener „Blueprint“, welcher sich langsam über neblige Soundschwaden, hektische Streicher und Military-Drums aufbaut, bevor schnellere Trommelschläge einen treibenden Sound kreieren und die Stimme einsetzt. Nicht nur in diesem Song geht die Mischung aus klassischer Instrumentierung, flottem Rhythmus, verspieltem, harten Trommelwerk und schön begleitendem Gesang auf. Der Gesang schwingt sich dabei aber immer wieder auf, um in den Vordergrund zu treten. Bei „Futurebuild“ sorgen Synthesizer, Soundscapes und Streicher für Atmosphäre. Der Song baut ein etwas poppiges Arrangement mit leicht klopfenden Drums auf, so dass der Weg für den säuselnden und schließlich im Duett kraftvolleren Gesang geebnet wird. So wird immer deutlicher, dass es den Zwillingen auch auf „Era“ gelingt, brillante Melodien mit verschiedenst kombinierten Instrumentierungen zu erzeugen und diese mit atmosphärischem Gesang paaren, der sich im Verlaufe des Albums immer überzeugender entfaltet. Den gesanglichen Höhepunkt stellt dabei „Imperfect Design“ dar, der mit zarten Melodien spielt, die schließlich von aufrührerischen Trommelschlägen unterbrochen werden. Anschließend agiert die Stimme emotionaler und fügt sich perfekt in den Gesamtklang, welcher das ganze Album bestimmt, ein. Doch nur selten werden hierbei untypische Elemente verwendet. „Kryptka“ wäre so eine Seltenheit. Hier hören wir Glockenschläge, Kirchenorgeln, oder Bläser. Es wird ein abwechslungsreiches Zusammenspiel erzeugt, das zwischendurch pausiert und dem Sprechgesang den Vortritt lässt, um gegen Ende wieder bombastisch einzusetzen, wenn Orgeln, Trommeln und Bläser wieder groß aufspielen. Die abschließenden Instrumentals „Dogfight“ und „Landlost runden „Era“ schließlich mit der gewohnten Paarung aus gefühl-, wie kraftvollen Tönen ab. IN THE NURSERY schaffen mit ihrer Musik ein ganz spezielles Gefühl. So wirkt sie tatsächlich hin und wieder wie Filmmusik. Allerdings wie Filmmusik, die keiner Bilder bedarf. Die Humberstones schaffen es, Melodien zu erzeugen, welche wie von selbst ein Bild der Schönheit malen. Musik zum Genießen!