Platten, die im Frühjahr veröffentlicht werden, haben zwangsläufig gute Chancen, uns musikalisch über den ganzen Sommer hinweg zu begleiten. Genau so erging es mir dieses Jahr mit IOC's Machines Are Us, einem Werk, das – obwohl weder revolutionär noch bahnbrechend – mit einer Reihe guter, stimmiger und melodischer Tracks überzeugen konnte, die ihre Tauglichkeit fürs Autoradio während eines weiteren warmen Dresdner Sommers mehr als einmal unter Beweis stellten. Grund genug also, neugierig auf die aktuelle Veröffentlichung des skandinavischen Trios zu warten und hinsichtlich der Bewertung von UploadedAndRemixed innerlich zerrissener zu sein als bei kaum einem Album in den letzten Monaten. Aber der Reihe nach...
Es dürfte bekannt sein, dass IOC-Frontmann Andy LaPlegua nach der Veröffentlichung des letzten IOC-Albums alles andere als untätig war und quasi „nebenbei“ die Szene mit Projekten wie Combichrist unterhielt. Wie sich jetzt zeigt, hat er darüber hinaus offensichtlich noch an einer bestimmten Sache gearbeitet: Die neue Icon Of Coil-Veröffentlichung mit verheißungsvollem Titel ist nicht, wie man vielleicht hoffen könnte, ein „richtiges“ neues Studioalbum, sondern vielmehr eine musikalische Aufarbeitung der „frühen Jahre“ von IOC, also der Zeit vor Machines Are Us. Entsprechend liest sich die Tracklist des neuen Werks: Shallow Nation, Floorkiller, Access And Amplify, Simulated – alles mehr oder weniger alte Bekannte, die erneut um die Gunst der Hörer werben.
Eine simple Best-of-Compilation ist UploadedAndRemixed allerdings nicht geworden. Um dem interessierten Käufer einen zusätzlichen Anreiz zu bieten, haben sämtliche Songs eine Neubehandlung durch IOC selbst oder durch namhafte Musiker wie Apoptygma Berzerk und Funker Vogt erfahren. Dazu kommen zwei bislang unveröffentlichte neue Tracks, eine zweite CD mit insgesamt fünf verschiedenen Versionen des Machines...-Songs Shelter und ein edel aufgemachtes Digi-Pack, auf dem groß der Schriftzug „Limited Edition“ prangt. So weit, so gut? Mitnichten.
Dass die Tracklist für sich spricht und die Songauswahl ein Argument für dieses Werk sein sollte, wird wohl kaum jemand bezweifeln, der mit dem bisherigen Schaffen von IOC einigermaßen vertraut ist. Remixes können großartig sein, das ist bekannt. Im vorliegenden Fall jedoch hat man oft das Gefühl, dass „Limited Edition“ weniger auf die begrenzte Auflage der Doppel-CD als vielmehr auf die musikalische Qualität dessen verweist, was der heimische CD-Player hier wiedergibt. Exzellentes findet sich in der genialen Funker Vogt-Nachbearbeitung von Simulated, und auch die Northborn-Version von You Just Died sowie der Mix von Love As Blood lassen sich hören. Über die gesamte Spieldauer dominiert jedoch mittelmäßig inspirierter Durchschnitt, der in der entbehrlichen FGFC820-Version von Access And Amplify seinen Tiefpunkt erreicht.
„In Beat We Trust“ – genau das scheint das Problem zu sein: Technoide, wenig nuancierte und monotone Rhythmen stampfen vieles von dem, was man an IOC-Songs schätzt, nach kleinen Ansätzen in Grund und Boden. Gäbe es nicht den Wiedererkennungswert des Gesangs, könnte man einige der Mixes auf Uploaded... kaum von dem unterscheiden, was bisweilen in Mainstream-Techno-Discos gespielt wird. Die beiden „neuen“ Tracks Been There und TB Memory können als durchschnittlich akzeptiert werden – nicht, dass die Stücke schlecht wären, aber nach den bisherigen Veröffentlichungen erwartet man einfach mehr von IOC.
Alles in allem hinterlässt die Scheibe einen durchwachsenen Eindruck. Die Songs sind erstklassiges „Rohmaterial“, deren Qualität auch auf der CD an manchen Stellen durchscheint, und Aufmachung sowie Umfang dessen, was der Hörer hier geboten bekommt, sind durchaus respektabel. Doch es bleibt die Frage, inwieweit die Veröffentlichung eines Best-of-ähnlichen Albums nach gerade mal drei regulären Alben und einigen Maxis und EPs notwendig ist. Der Preis, zu dem diese Ausgabe in den CD-Stores steht, dürfte zudem manch einem Interessierten einen Moment des Zögerns abverlangen. Im Sinne der Fanfreundlichkeit hätte man einiges besser machen können – etwa die wenigen brauchbaren Mixes der CD als Bonus-CD der Erstauflage des nächsten Studioalbums beizulegen oder den freien Platz der Shelter-Mix-CD mit Live-Videos oder interaktivem Material aufzufüllen.
Bleiben zwei Seiten in der Bewertung: Einerseits würde ich für die Musik auf UploadedAndRemixed vier Sterne vergeben, da die Songs grundsätzlich gut sind und einige der neuen Versionen wirklich hörenswert sind. Andererseits bin ich geneigt, die Platte wegen ihrer teils durchschnittlichen Qualität, des hohen Preises und der Vermutung, dass hier mit einem bekannten Namen noch schnell die Jahresbilanz aufgebessert werden sollte, abzustrafen – mehr als einen Punkt gibt es hier nicht. Die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte, genau gesagt bei 2,5 Punkten. IOC-Fans werden mich dafür sicher verbal teeren und federn und sich das Album trotzdem ins Regal stellen; alle anderen brauchen diese Platte nicht. Neulinge, die als Zielgruppe für dieses Album gedacht sind, sollten sich lieber mit Machines Are Us der Band annähern. Ich werde jetzt noch einmal die Tracks 5, 8 und 9 durch meinen Player jagen, das Album dann als (hoffentlich einmaligen) Ausrutscher betrachten und gespannt sein, was das nächste „richtige“ IOC-Werk zu bieten hat...