2017 erschien mit "Witches of Orion" die erste EP von Herr Nox. Musikalische Pfade beschritt der in Quebec (Kanada) lebende Künstler als Mitglied der Bands "Deadaline Complex" (Symphonic Black/Gothic-Metal) und "The Astroplex" (Melodic Black Metal). Mit seinem Soloprojekt verschreibt er sich nun ganz dem Gothic-Metal und führt als Einflüsse etwa David Bowie und The Cure auf. Visuell kann man auch Anleihen an die besten Zeiten von Marilyn Manson erspähen (Wobei dieser sich zu seinen guten Tagen auch bei erfolgreichen Künstlern des Industrial-Rock und Glam-Rock bediente). 2018 brachte Herr Nox die erste Solo-LP mit dem Namen "Stargazer" auf den Markt, nun gefolgt von "Where Shadows Fade", welche auch Gegenstand der folgenden Rezension sein soll. Nach all den Electro-Scheiben der letzten Tage bin ich wieder mal offen für ein wenig Geschrammel, also, auf geht`s:

„Doomsday (feat. Jørgen Munkeby)“ startet eher ruhig getragen, mit Bass und String. Dann steigen Bassdrum und Streicher ein. Langsam schwingt sich der Titel auf und führt die Gitarrenparts ein, die sich nicht zu aufdringlich präsentieren. Der Gesang ist angenehm harmonisch. Eine schöne Einführung in das Album. Nun begegnet uns „Where Shadows Fade (feat. Jørgen Munkeby)“ Während das Saxophon im ersten Titel noch unterdrückter daherkam, kennzeichnet es hier den kompletten Beginn. Das Intro ist ziemlich konfus, mündet jedoch beinahe unerwartet in einen schönen Song, der sich angenehm in meine Gehörgänge schmeichelt. Im Hintergrund sind sanfte Streicher zu vernehmen. Saxophone können ja stellenweise etwas nerven. Hier aber erfolgt der Einsatz perfekt getimed und abgestimmt. Ein wundervoller Dark-Rock-Titel, dessen Finale angenehm doomig daherkommt. „Black Butterfly (feat. Lindsay Schoolcraft)“ reißt uns mit E-Gitarre und Synth aus der eben geschaffenen Komfortzone. Hier haben wir einen schönen Goth-Rocker mit unterdrückten Growls, die kaum wahrnehmbar im Hintergrund agieren. Das Gitarrensolo ist verdammt gut gesetzt. Beide eingesetzten Stimmen harmonieren super miteinander. Es macht mir Spaß zuzuhören. Mit „The Art of Noise & Silence (feat. Lindsay Schoolcraft)“ geht es ruhig weiter. Der balladeske Einstieg führt in einen mit Doublebassdrum gut abgetrennten Zwischenteil. Dann wird die Stimme verfremdet, um dann wieder kraftvoll, anklagend zu flehen. Die Sängerin ertönt, als zusätzliches Element mit klassischem Gesang im Hintergrund. Hier ist sie, die stimmige Ballade, wie sie eben sein muss. Sehr schön!  „Gotta Light? (feat. Jørgen Munkeby)“ startet mit sphärischen Geräuschen und Stimmsample, um in den nächsten getragen Song zu führen. Und wieder ertönt das Saxophon. Eine instrumentale Ballade mit tragischen Elementen. Herrlich zum träumen. Und mit 02,30 Minuten die perfekte Interlude-Länge. „Kiss the Butcher‘s Hand“ macht klar, dass wir uns jetzt wieder in rockige Bereiche begeben. Ein wunderbar unaufgeräumter Drumpart wird umgeben von Streichern. Dann schwingen sich zu einer DoubleBassdrum Chöre auf. Kehlig ertönt "Kill, Kill", während der Song zu einer Synthmelodie eskaliert. Hammer! passenderweise ertönt nun „Heads Will Roll (feat. Lindsay Schoolcraft)“. Der Titel erinnert an alte Manson-Klassiker mit Glam-Rock-Anleihen. Nur halt eben irgendwie besser, da hier nie Ende ist, da die Titel nie auf einem Punkt verharren, sondern von Part zu Part eine Steigerung erfahren. Ein Cello leitet, fast wie eine Filmmusik, zu „The Burning“. Der ruhige Beginn täuscht, denn nach einem Drittel wird es orchestral und wir haben die nächste Gothic-Hymne. Im letzten Drittel nun schwingt sich der Titel nochmals auf, um in einem furiosen Finale zu kulminieren. Hier wird alles aufgefahren, was das Repertoire  bietet. Dann verliert sich alles in einem ensamen Geräusch mit einem schwachen Pulsieren... Where Shadows Fade! 

Erwirbt man die digitale Version des Albums über "Bandcamp" erhält man den exklusiven 0110-Remix von "Black Butterfly". Der Mix grenzt sich angenehm von der Vorlage ab. Er ist wesentlich elektronischer. Zwar kann er mit dem wirklich guten Originaltrack nicht mithalten, wirkt aber weniger kantig..

Herr Nox beherrscht sein Handwerk auf jede nur erdenkliche Weise. Ich habe ein Album gehört, welches auf wunderbare Weise Gothic, Hardrock, Metal und sogar Wave miteinander verbindet. Das Gespür für Kompositionen und geschickt gesetzte Nuancen durchzieht jeden einzelnen Titel. Dabei kommen Chöre, klassische Intrumente und eben auch besagtes Saxophon zum Einsatz. Niemals klingt etwas falsch oder unstimmig. Selbst anfangs seltsam anmutende Momente, wie das Intro zum 2. Titel ergeben im Nachhinein Sinn. Mehr kann man eigentlich nicht sagen, ohne ins Schwärmen zu geraten. Sicherlich ist die Musik nicht jedermans Geschmack, aber, wer "The Brthday Massacre" oder "London after Midnight" mag, sollte hier ein oder gar beide Ohren riskieren.  Die Videos zum Album sind ästhetische Meisterwerke. Von Herr Nox wird man mit Sicherheit noch hören. "Where Shadows Fade" ist als Download und als streng limitierte goldfarbene Vinyl erschienen. Die Vinyl ist handsigniert, nummeriert und ich wage zu sagen, sicherlich verdammt schnell vergriffen. Bei einer derart kleinen Limitierung und der Qualität des Albums ist die Vinyl ein lohnendes Objekt. Wer nicht das Glück hat eine zu ergattern, sollte sich auf jeden Fall die digitale Version der VÖ zulegen. Ich empfehle hier wieder uneingeschränkt den Kauf!

Anspieltipps: Where Shadows Fade, The Art of Noise and Silence, The Burning