Der in Reykjavik geborene Singer/Songwriter Helgi Jonsson ist längst schon kein unbeschriebenes Blatt mehr. Seine ersten Schritte machte er in der Heimat, indem er im Alter von sieben Jahren anfing Posaune zu spielen. In seiner Jugendzeit war er Mitglied in einer Jazzband, mit der durch Europa und Amerika tourte. Später zog es ihn nach Österreich, wo er mehrere Jahre lebte und Posaune studierte. Während und auch nach dieser Zeit ergaben sich Zusammenarbeiten mit unter anderem Björk, Sigur Rós und Tina Dico – mit der er als ihr Support auch in Deutschland einige Konzerte spielte. Seit Anfang des Jahres ist er nun solo unterwegs, hat ein Mini-Album im Gepäck und plant für den Herbst ein neues Album. All jene, die bisher noch nicht von Helgi Jonsson gehört haben, sich aber einen Eindruck über sein musikalisches Tun verschaffen wollen, finden auf dem Internet-Videoportal YouTube einige unterhaltsame und sehr gelungene Konzertmitschnitte beziehungsweise Unplugged-Sessions. Aber natürlich bietet auch das Mini-Album "Blindfolded" einen idealen Einstieg in die Musikwelt des Isländers, die überwiegend von sanften Klängen und ruhigen Atmosphären geprägt ist. Musik, die im Zusammenwirken mit dem weichen Gesang, wie bei "Aurora", "Wild Hearts Run Out Of Time" und "Blindfolded" so intim vorgetragen wird, dass sich beim Hören das Gefühl einstellt, man säße und lauschte dem Interpreten live ganz allein in einem kleinen Raum. Die Titel dieses kleinen Albums besitzen ohne Zweifel sehr viel Schönheit und werden von starken Melodien gestützt. Was ihnen aber noch fehlt, ist eine Art Leichtigkeit beim Arrangement. Man gewinnt hin und wieder den Eindruck, dass die Songs in ein zu enges Korsett geschnürt worden und deshalb sehr glatt geraten sind. Die Stücke erinnern an Sigur Rós und es gibt viele Parallelen zu Gary Go und Damien Rice, aber an die Ausstrahlung der genannten Künstler und Bands kommt Helgi Jonsson noch nicht heran. Was er bei Auftritten mit einem Lächeln, einer Geste oder einer kleinen eingestreuten Erzählung schafft, muss er versuchen, im übertragenen Sinn, auch auf dem Album zu generieren. Es muss mehr Helgi Jonsson werden, damit man ihn und seine Musik wiedererkennt. Und so heißt es: Gespannt auf das im Herbst kommende Album warten, seine Konzerte, von denen noch einige in Deutschland stattfinden, besuchen, die Online-Videos z. B. mit Tina Dico im Duett anschauen und in dieses Mini-Album reinhören.