Als vor einigen Monaten die Debütsingle „Die Sonne scheint für alle umsonst“ von dem aus Omsk in Sibirien stammenden Songschreiber Harald Bosh in den Szenemedien kursierte, schieden sich so manche Geister an Boshs eigenwilliger Musik. Nun ist das gleichnamige Album auf dem Markt und auch hier wird dem Rezensenten keine leichte Kost geboten. Seltsame Welten öffnen sich dem Hörer... Mit der Musik von Harald Bosh verhält es sich ein wenig wie mit Helge Schneider: Zwar ist Schneiders Humor subtiler, intelligenter und einfach komischer, aber dennoch geht auch Harald Bosh nach dem Prinzip vor, kompletten Nonsens soweit auszureizen und soviel Trash zu bündeln, dass es fast schon wieder charmant wirkt. Fast! Denn das tragische an Bosh ist, dass er gar nicht komisch sein will. So kredenzt er dem Hörer elf Lieder, die rein musikalisch recht durchschnittlich bis angenehm sind. Die Elektromusik von Boshs Produzenten DWR 2009 wabert von nennenwerte Höhepunkte vor sich hin. Wirklich erhebend sind dagegen die Texte und der Gesang. Lyrisch verbricht Harald Bosh ein gutes Dutzend unsauberer Reime, aberwitzige Metaphern, an den Haaren herbeigezogene Sozialkritik und triefendes Mitlied, dem nur noch mit einer kräftigen Portion Zynismus beizukommen ist. Dazu die dröhnende Stimme von Bosh, die in schwerverständlichem Deutsch an das Unheil dieser Welt erinnert. Neben einer CD liegt dem Digipack auch noch eine DVD bei, die nun wirklich eine Frechheit und wahre Zeitverschwendung ist: Ein Konzert in schlechter Qualität, in einem Club ohne Publikum, ein kaum verständliches Interview und Bonusmaterial, dass so sinnvoll ist, wie ein Kamel als Mathematiklehrer. Soviel Schund auch noch auf einen Silberling zu pressen und dafür Geld zu verlangen ist wirklich dreist. Doch auch hier kennt Bosh kein Erbamen. Ich habe es mir mit Harald Boshs Album wahrlich nicht leicht gemacht. Eigentlich bin ich jemand, der sich auch für die obskursten Kunstformen irgendwie begeistern kann und in jedem scheinbaren Scheitern etwas Gutes findet, aber nach ausführlichem Studium des Materials bleibt nur ein ungewisses, schales Gefühl zurück. Die Musik von Harald Bosh ist weder Fisch noch Fleisch, er kann nicht gut texten, nicht gut singen, ist nicht annährend professionell und somit eigentlich nur zusätzlicher Ballast auf dem, ohnehin schon zu sehr geschundenem Musikmarkt. Dennoch: „Die Sonne scheint für alle umsonst“ hat gewisse skurrile Momente, die sehr unterhaltsam sind. Somit taugt Boshs bodenlose Mittelmäßigkeit immerhin als Soundtrack für die Tage, an denen es sowieso nicht mehr schlimmer kommen kann.