Grace Jones veröffentlichte vor ziemlich genau drei Jahren ihr Comeback-Album 'Hurricane', und was für ein Mörder-Album. Elektronik, Soul und die unvergleichliche Stimme einer der wenigen echten Diven dieser Tage, ein Fest für die Ohren. Ein Fest für die Sinne machte Grace dann daraus als Sie mit 'Hurricane' ergänzt durch viele ihrer alten Hits auf umfassende Welt-Tournee ging und mit ihren sechzig Jahren und fünfzehn Kostümen pro Show eindeutig die um Längen bessere und authentischere Lady Gaga ist. Jetzt wird 'Hurricane' endlich auch in den USA veröffentlicht und zwar zusammen mit einem zweiten Album, das Ivor Guest zusammengehallt hat, der auch schon das Originalalbum taktvoll produzierte. Massive Attack habens gemacht, Primal Scream fanden es charmant und auch die Gorillaz konnte man so hören: ein ganzes Album von Dub-Versionen, davon ist die Rede. Fetteste fast subsonische Bässe, das exzessiv verwendete Echo-Deck und Gesangsfragmente der Jones in zehn Tracks verpackt lassen Hurricane noch einmal ganz neu Revue passieren. Jeden Track einzeln zu beschrieben würde an dieser Stelle nichts bringen und so versuche ich meinen Eindruck bezüglich Umsetzung und Ergebnis hier in Worte zu fassen. Was macht ein Dub-Album aus? Sicherlich dass der Track-fokussierte Ansatz die einzelnen eigenständigen Songs ablöst und ein ganzheitlich pulsierendes, psychedelisches Etwas entsteht. Grundsätzlich hat das Guest auch so vor gehabt, hört man sich das Album am Stück an, fällt jedoch recht schnell auf, warum das Konzept nur bedingt aufgeht: Zwar hat Guest alle Zutaten für den musikalischen Cocktail eingepackt, er setzt sie nur nicht konsequent genug ein. Schielt man zu Dub-Urgesteinen wie dem Mad Professor und vergleicht, was der schon vor zwanzig Jahren mit Tracks von The Orb oder eben Massive Attack angestellt hat, so vermisst man das Fünkchen durchgeknallte Verrücktheit. Bei Guest sind die Beats brav gleichförmig und werden nur seltenst im Mixer verhallt, zerrissen oder übersteuert. Das macht die Tracks vorhersehbar und steril, eigentlich zwei Eigenschaften die im Dub gar nicht auftauchen sollten, denn hier ist alles erlaubt. Insofern ist das ursprüngliche Album auf jeden Fall der zu bevorzugende Part in diesem mit Fotografien von Jean-Paul Goude künstlerisch wertvoll gestalteten Doppel-Digipak. Wer das Original-Album nicht hat kann jedoch bedenkenlos zugreifen, denn dieses hat noch immer volle Punktzahl verdient. Da an dieser Stelle aber das Dub-Album im Vordergrund steht und bewertet werden soll, ist leider nur eine Wertung im Mittelfeld drin.