Drei Jahre hat FLESH FIELD - Mastermind Ian Ross seine Fans auf ein musikalisches Lebenszeichen warten lassen - eine nicht unbeträchtliche Zeit in schnell-lebigen Tagen, in denen selbst gute Veröffentlichungen irgendwann untergehen und vergessen werden. Andererseits war das FF-Zweitwerk "belief control" für mich eine der herausragenden Veröffentlichungen des Jahres 2001, hat sich (trotz ein paar musikalischer Durchschnittlichkeiten) bis jetzt hartnäckig in meinem CD-Player respektive Autoradio gehalten, so daß die Erwartungshaltung an den Nachfolger entsprechend hoch ist, insbesondere nachdem das Projekt derart viel Zeit für dessen Vorbereitung hatte. Man scheint die Zeit genutzt zu haben... Anno 2004 ist einiges sehr anders im Hause FLESH FIELD: Mittlerweile ist das Duo bei Dependent Records unter Vertrag. Desweiteren ist Sängerin Rian Miller nicht mehr mit an Bord; ersatzweise kümmert sich eine gewisse Wendy Yanko in sehr überzeugender Art und Weise um die weiblichen Vocals. Und, schließlich und endlich: Obwohl die insgesamt 12 Songs auf "strain" eigentlich als typisch FLESH FIELD zu erkennen sind, hat sich auch der Sound, der einem aus den Boxen entgegendrückt, in verschiedener Weise spürbar geändert. Zum einen: An vielen Stellen sind FF anno 2004 entschieden aggressiver, wütender, heavier als jemals zuvor. Man mag sich vergleichsweise vor Augen führen, was bei Front Line Assembly zwischen "tactical neural implant" und "millennium" passiert ist: Gitarren(-Samples), wuchtige Rhythmik, abgedrehte Soundeffekte, punktgenaues Songwriting und stellenweise (etwa im Refrain von "voice of dissent") fast schon metal-lastiges Drumming macht aus dem Großteil von "strain" einen erstklassigen Brecher, der genanntem FLA-Album in Sachen Heftigkeit und Intensität in nichts nachsteht. Auf der anderen Seite allerdings lebt "strain" auch von einem beeindruckenden Reichtum an Abwechslung und musikalischen Ideen. So schleichen sich bei "epiphany" oder "the eucharist" melancholische, fast schon balladeske Klänge in die Musik des Duos, findet man an allen Ecken und Enden eher elektronik-untypische Passagen wie die chor-ähnlichen Sequenzen und Streichinstrumente in "uprising" und "reflect the enemy", die orchestralen Parts in "haven", das Klavier in "the eucharist" und natürlich, wie bereits angedeutet, die fast allgegenwärtigen harten, verzerrten Gitarren. Eingebettet in heftige Elektronik, Rhythmik irgendwo zwischen EBM, Industrial und Metal, bieten die Songs das perfekte Fundament für den intensiven Gesang von Wendy und Ian, in beiden Fällen pendelnd irgendwo zwischen Flüstern und Schreien und nicht nur die wie schon auf früheren FF-Werken durchaus lesenswerten Lyrics ("voice of dissent", "recoil", "uprising") transportierend, sondern, quasi als zusätzliches Instrument, auch die Stimmung der Songs noch ein Stückchen mehr intensivierend. Um es kurz zu machen: Die Erwartungen nach "belief control" waren hoch, FF haben sie jedoch locker übertroffen. "strain" ist ein überaus gelungenes und rundes Album, welches vom Stil des Songwritings, des Gesangs und der Arrangements her einerseits absolut typisch Flesh Field ist, andererseits in vielen Punkten sehr viel ausgefeilter, sehr viel frischer und ideenreicher wirkt als alles, was das Projekt bislang veröffentlicht hat. Von der Höchstwertung hält mich eigentlich nur die Hoffnung ab, daß die Band ihren musikalischen Weg in derartigen Schritten weitergeht und spätere Werke den derzeitigen Level noch einmal überbieten können. Interessierten seien insbesondere "the collapse", "voice of dissent" und "epiphany" ans Herz gelegt, um sich im Plattenladen ihres Vertrauens ein Bild von der Veröffentlichung zu machen. Ich für meinen Teil bin begeistert!