Im Moment tut mir Black Metal gut, bringt mich meinen Gefühlen nahe und beruhigt mich oft, wenn ich den Überblick im ausgesprochen stressigen Alltag verliere und in Panik zu versinken drohe. Und „Aurora“ von Fagus kam da goldrichtig daher. So mir nichts dir nichts schmiss ich mir das Album, das mir aus dem Hause Silent Future Recordings übermittelt wurde, auf ein mobiles Endgerät und schaltete es ein, bevor ich mich aufs Rad setzte und ich kann euch schreiben: Die ersten 5 Minuten war ich eventuell nicht optimal für den verkehr gerüstet. Der Opener knallt so richtig schön in viele Kerben, die ich am Genre mag und auch wenn der Rest des Albums niemals wieder so packte, muss ich über Fagus schreiben.

Die Geschichte der Band liest sich ein wenig obskur: 2010 in München als Vierergespann gegründet passierte in den ersten 13 Jahren nicht viel. Im Netz dokumentiert sind zwei personelle Umbesetzungen und eine EP, die 2013 herausgebracht wurde. Und anscheinend gab es ein paar Konzerte. Das klingt jetzt nicht ganz danach, dass die musikalische Karriere ganz oben auf der Prioritätenliste der Beteiligten steht und verwundert umso mehr, wenn man sich dann ‚Inter‘ reinzieht. Denn das Debüt strahlt eine Professionalität und Klarheit aus, die man bei manch altem Hasen nicht erwarten kann (und ich verweise da nicht nur auf Happy Days, gerade von mir besprochen und mit ihren 19 Jahren Bestehen eine Blaupause in Amateurhaftigkeit). Zunächst einmal: Das ist ein sehr ansprechendes Coverartwork: Berge sind nun nicht ungewöhnlich, aber ich stehe auf zweifarbige Bildgestaltung und die Entscheidung, das noch auf der EP präsentierte Bandlogo durch einfache Buchstaben zu ersetzen, war goldrichtig. Der Sound ist großartig. Ist das wirklich ein Debüt? Druckvoll, mitreißend, vielschichtig – ich wüsste kaum eine Stelle, an der ich mir eine Veränderung wünsche, selbst der sehr „quakige“ Kreischgesang wurde so abgemischt, dass er nicht auf die Nerven geht.

Musikalisch zu hören gibt es eine technisch durchaus anspruchsvolle Black Metal Schine mit viel Raum für melancholische Atmosphäre. Midtempo und Blastbeatparts werden gekonnt abgewechselt, die Gitarren sägen hingebungsvoll effektiv an meinem Gehör und jedes einzelne Element gefällt mir gut (Gesang) bis sehr gut (eigentlich der gesamte Rest). Ich erinnere da Nagelfar als Vergleichsband, vielleicht auch Der Weg einer Freiheit – alles ganz ohne Keyboardteppich, ohne Kitsch oder unnötige Brutalität. Fagus liefern nichts Neuartiges, aber hochklassig eingespielte Qualitätsware, nach deren Konsum mir durchaus der Sinn nach einem Live-Konzert und einem zweiten Album ist.

Die beiden etwas schwächeren Abschlusstitel und die Tatsache, dass man den Knaller „Aurora“ an den Anfang setzte und nie wieder diese mitreißende Wirkung hinbekommt, lassen mich von einer noch höheren Wertung absehen, aber nicht desto Trotz sollten Freunde eines anti-old-school-Sounds (also mit einer Produktion, die man als hörbar bezeichnen kann, Gitarren, die nicht mit dem Boxhandschuh geschlagen wurden und Drumming, das über Nähmaschinensounds hinaus geht) mit Hang zu getragener Atmosphäre unbedingt mal ein Ohr riskieren.


Fagus - Inter

10.03.2023


https://fagusofficial.bandcamp.com/album/inter-2


  1. Aurora
  2. Neptun I
  3. Tyche
  4. Jenseits des Höhenzugs
  5. Zerfall des Lichts
  6. Et in arcadia ego