Vor 2 Jahren tauchte ich zuletzt ab in die Welt von Eye of Nix. Damals dachte ich beim Anblick ihres Albums 'Black Somnia' noch kurz an Sopor Aeternus, heute weiß ich aber, dass hinter dem wundervollen, lieblich morbide wirkenden Cover ihres aktuellen Albums 'Ligeia' ein Reigen unterschiedlichster Stimmungen und musikalischer Richtungen stecken wird, die weitaus härter sind. Los geht's.

Benannt ist das Werk nach den Sirenen aus der griechischen Mythologie, die die Seefahrer in den Tod lockten, die Texte auf 'Ligeia' handeln entsprechend auch von den eher finsteren Winkeln unseres Daseins, von Zwängen, Ängsten, Abhängigkeiten und Verblendung. Für mich als wenig textfixierten Hörer ist das so umwerfend und beachtlich wie die Tatsache, dass Lobbyismus weite Teile der Regierungsentscheidungen beeinflussen. Denn wovon soll man bei düster metallischer Musik denn sonst singen? Von einem Nutellabrötchen? Relevant für mich ist die Frage nach den klanglichen Qualitäten. Beim Vorgänger lernte ich die Band ja als sehr abwechslungsreiche Kapelle kennen, der Gesang von Joy von Spain und die eigenwillige Umsetzung diverser Elemente aus Doom und Black Metal Metal, trockenem Wüstenrock Flair und opernhafter Dramatik sind mir im Ohr geblieben. Und nach mehrfachen Genuss der 45 Minuten 'Legeia' kann ich deutlich sagen, dass Genuss genau das richtige Wort ist, um mein aktuelles Erleben dieses Werkes zu beschreiben. Auf dem Album vermengen sich Elemente, die schon oft zusammengeführt wurden, Eye of Nix klingen aber tatsächlich sehr eigen und die Entwicklungen sind deutlich. Der Opener doomig mit Stoner Einschlag, eine bedrohliche Stimmung, der Gesang klar und klagend. Dann einsetzende Blastbeats, dann wieder ruhige Bedrohung. In der zweiten Welle Wut plötzlich halb-geschriene Vocals und gleichzeitig entspannte Beruhigung der Energien. Ein tolles, emotionales Wechselbad. Da ist weiter der wundervolle Einstieg zu Beginn von "Tempest", den Dimmu Borgir zur Stormblast Phase nicht schöner hätten umsetzen können, bevor Joy zu einem doomig-walzenden Riff opernhaft trällert, gegen den Sturm ansingt bevor ein versöhnlicher Zwischenteil in Sicherheit wiegt. Dann noch ein kurzen Aufbäumen und Stille. Klasse. "Stranded" ist mit seinem psychedelisch ruhigen Einstieg und den harschen Growls im zweiten Teil inklusive eines dramatischen instrumentalen Ausklangs fast das am einfachsten zu erschließende Stück, zusammen mit dem kurzen Zwischenspiel "Keres". Dann wird es wieder gewaltig, das Titelstück beginnt mit einem gewissen A forest of stars feeling, mit denen Eye of Nix in meinen Augen in einigen Punkten einige musikalische Stimmungen teilt, während die Rasereien eher nach norwegischer Kälte klingen und die Keyboards traumgleich ruhig vor sich hin wabern. "Adrift" soll zum Ende auch noch erwähnt werden: Dem Titel entsprechend scheint das Lied dahinzugleiten, einige Keyboards klingen nach Jean Michel Jarre, der hohe Gesang wirkt sanft und alles scheint kaum greifbar, als ob die Band dahintreibt und dem Hörer langsam verlässt (um dann mit dem zäh-gewaltigen "Stone & Fury" noch einmal die Butze knallhart durchzuwischen).

Es ist ganz einfach: Eye of Nix haben noch einmel einen deutlich Sprung gemacht in Sachen Songwriting. Instrumental und gesanglich spielen sie sowieso bereits auf einem hohen Niveau und die harmonische Abmischung verknüpft die Kontraste in Lautstärke und Härtegrad ausgesprochen angenehm. Ich kann auf dem Kopfhörer in den ruhigen Parts aufgehen, jedes kleine Element vernehmen und trotzdem bin ich zwar von Wucht und Wut der einsetzenden Härte mitgerissen aber nicht körperlich geschädigt. Der Band gelingt es, ihren komplexen Sound nicht zu einer Aufgabe sondern zu einem stimmigen Erlebnis zu machen. 'Ligeia' kann gut auch mal den Hintergrund beschallen und gleichzeitig mit jedem intensiven Hördurchlauf Neues zu Tage bringen. Ein wirklich lohnendes Erlebnis, wenn man Doom und Black Metal, erdige Rockklänge sowie weiblichen Gesang schätzen kann.

 

Eye of Nix

Ligeia


 

19.06.2020

Prophecy Productions

 

https://eyeofnix.bandcamp.com/album/ligeia

 

01. Concealing waters

02. Pursued

03. Tempest

04. Stranded

05. Keres

06. Ligeia

07. Adrift

08. Stone & Fury