Depeche Mode und eben Erasure waren bei dem großen Indie bzw. Mini-Major-Label Mute Records, dessen Chef der legendäre Depeche Mode-Entdecker Daniel Miller ist, ja schon immer die Cash Cows schlechthin. Sicher war da nicht nur immer reine Geldgier im Spiel, sondern auch viel betriebswirtschaftliches Kalkül dahingehend, dass die beiden elektrischen Groß-Acts mit ihren massenhaften Abverkäufen andere Kleinst-Bands u. Projekte bei Mute Records mitfinanziert haben. D.h., dass der leidenschaftliche Musikliebhaber und Produzent Miller vielen Bands, die wahrscheinlich nicht mal die Produktionskosten einspielen konnten, die Möglichkeit gab, als Künstler überhaupt öffentlich in Erscheinung zu treten. Na ja, bei den massenhaften Veröffentlichungen gerade von Depeche Mode (Stichwort Maxis in remixter und limitierte Auflage) werden da wohl auch noch einige Euros bzw. Pfund übrig geblieben sein… Um jetzt an dieser Stelle zur Überleitung zu gelangen; das flockige Electro-Pop-Duo Erasure hat sicherlich insgesamt auch schon an die siebzig Maxi-Singles bzw. Maxi-CDs in die Regale schieben lassen. Inklusive der Remixes, versteht sich. Gehen wir mal eben lockere 19 Jahre zurück, als an den Tonträger-Kassen noch zu 90% Vinyl mit 100%ig stabiler D-Mark verkauft wurde. Damals ließen Mute-Records eine 12 Inch Maxi pressen, die eben - weil sie als Promotion-Maxi deklariert war - nicht Einzug in den regulären Handel fand. Diese alte, sehr rare Maxi wurde jetzt neu remastert und auf CD gebannt. Die nicht bespielte Seite des silbernen Audio-Trägers wurde darüber hinaus mit einer schönen rillenhaften Vinyl-Optik versehen. (Da schließt sich der Kreis praktisch. Denn als die ursprüngliche schwarze Scheibe heraus kam, war der Tod des Vinyls gerade quasi schon auf Raten besiegelt. Und heute wird deren Abbild auf die eine Seite einer kleinen Compact Disc – deren Nachfolger und „Leichenbestatter“ - gepresst. Kann man diesen Vorgang schon als Ironie des Schicksals bezeichnen?) Sei`s drum; jetzt endlich zu den Tracks der „Club“-Scheibe. Sechs Stücke mit insgesamt fast 38 Minuten sind es an der Zahl. Damit kann man diese Veröffentlichung schon als E.P. bezeichnen. „Push me, shove me“ vom allerersten Erasure-Album ist gleich zweimal im Remix-Kleidchen vertreten. „Senseless“ (im Avalon Mix) entstammt dem gleichen, selbstbetitelten Debüt. An „Ship of fools“, einer ziemlich herzzerreißenden Ballade vom 88er Album „The Innocents“ wurde ebenfalls remixende Hand angelegt. „Sometimes“ war Erasure`s absolut größter, da europaweiter Top Ten-Hit und „Weight of the world“ schließlich, das hier im „Heavy `B`Mix“ dargeboten wird, ist eher unbekannt, aber auch auf dem „Innocents“-Longplayer zu entdecken. Wie der Name der Remix-Scheibe schon mit dem Zaunpfahl suggeriert - „Club“ sieht sich unmissverständlich als Futter für die Tanzflächen. Sicher kann die E.P. die an sie selbst gestellte Aufgabe erfüllen. Bietet aber (leider) nicht besonders powervolles Futter für den Tänzer. Gerade ein potenziell Bewegungswilliger, der noch unschlüssig ist, sich bei Erasure überhaupt in Richtung Tanzboden bewegen zu wollen, wird durch diese recht unkernigen Mixe wohl kaum „im Sturm“ auf den Club-Dancefloor geweht werden. Dies fällt vor allem beim ursprünglich ziemlich saftigen All Time Electro-Pop Hit „Sometimes“ auf. Das Original, bei dem Andy Bell seinerzeit emotional-beeindruckend über recht harte Synthie-Bässe und straighte Drum-Patterns völlig aus sich herausging („Ooh - ooh- ooho sometimes, the truth ist hard and so is the pain inside; yeeah – yeah – yeeaah…“) geht ja auch heute immer noch ordentlich unter die Haut. Im „Danny Rampling Mix“ verkommt der Song zwar nicht, wird aber mittels Congas, einer offenen Hi-Hat und Drum Patterns, die seinerzeit eher von House-Acts verwandt wurden, schon in einen recht anderen Kontext gestellt. Der an einer Stelle fast schon soulige Frauen-Gesang tut sein Übriges zur Sound-Verweichlichung bei. Bei den anderen Tracks ist es ähnlich. Gute, anspruchsvolle Arbeit, die hier geboten wird. Sicher. Aber gerade heutzutage kann dies keinen Hörer bzw. Tänzer so schnell vom so berühmten Barhocker schupsen. In medias res: Synthie-Pop-Freunde bzw. Liebhaber artfremder Klänge, die Erasure bisher noch nicht auf ihrem „Schirm“ hatten, werden kaum dazu animiert werden, die beiden elektronischen Elder Statesmen jetzt dorthin zu pushen. Diese Veröffentlichung ist eher etwas für alte Fans, die ihre Sammlung komplettieren möchten oder eben für Synthie-Popper jüngeren Baujahrs, die fast schon musikhistorisch in die Welt der Remixe zu Anfang der 90er Jahre eintauchen möchten. In einer Periode – das spiegeln auch DM-Remixe aus der Zeit wider – in der recht smooth, weniger aggressiv und fast schon chillig unter den Fittichen der kreativen „Post-Release-Klangbastler“ zu Werke gegangen wurde.