Depeche Mode sind zurück! Ihre erste Singleauskopplung "Precious" setzte sich gleich an die Spitze der Deutschen Alternative Charts und löste bei vielen Fans Begeisterungsstürme aus. Klingen doch die neuen Töne wieder melancholisch und vor allem elektronisch, eben nach Depeche Mode. Sollte etwa da ein neues Album am Start sein, das, wie es sich viele Anhänger wünschen, wieder an die alten Erfolge a la "Music For The Masses" oder "Violator" anschließt? Noch vor gar nicht langer Zeit brüskierte sich Dave Gahan im Zusammenhang mit der Veröffentlichung seines Solo-Albums über Fragen bezüglich Depeche Mode. Er gehe nun seinen eigenen Weg und für ihn würde nur dann ein neues Depeche-Mode-Album in Frage kommen, wenn er bei dem Gedanken daran Begeisterung verspüren würde und wenn Martin Gore auch seine Ideen mit in ein neues Album einfließen lassen würde. Offensichtlich hat dieser das, denn nun ist das neue Album da und drei der zwölf Songs stammen von Herrn Gahan. Zugegeben, es ist schon ein wenig verwunderlich, dass Depeche Mode nun so plötzlich wieder auf der Matte stehen und dabei so tun, als ob das die klarste Sache der Welt wäre. Die Band stand schließlich vor nicht all zu langer Zeit noch vor der Trennung. Jeder ging seinen eigenen Weg und die Zeit von Depeche Mode schien vorbei. Doch "Playing The Angel" belehrt uns eines besseren. Das Album klingt wesentlich druckvoller und frischer als noch "Exciter", das doch sehr glatt gebügelt und ein wenig blass wirkte. Nicht mehr wegzudenken sind Martin Gores Gitarreneinlagen, die auf "Playing The Angel" noch mehr als sonst herausgearbeitet sind. Trotzdem bandelt das neue Album stark an das nun 15 Jahre zurück liegende "Violator" an und behält dabei trotzdem den neuen Sound von Depeche Mode bei. Diese neue Klangfarbe verdanken Depeche Mode wohl Produzent Ben Hillier, der den Jungs mal zeigte, wo der Hammer hängt. Denn eigentlich mochte er Depeche Modes Musik nicht besonders und gerade darin lag die Herausforderung, die er vor allem unvoreingenommen annahm. Herausgekommen ist ein Album, das stark auf analoge Sounds setzt und, anders als es die erste Single "Precious" vermuten lässt, doch wieder richtig rockt. Ein wenig muss man sich an die unüblichen Klänge gewöhnen, denn "Exciter" zeigte noch in eine ganz andere Richtung. Dementsprechend ungewohnt brettern der wuchtige Refrain und die kreischenden Töne am Anfang von "A Pain That I'm Used To" durch die Boxen, das mit seinen ruhigen Strophen etwas anderes vermuten lässt. Noch erbarmungsloser wird es mit "John The Revelator", das so richtig rockig wirkt und ein wenig an "Songs Of Faith And Devotion" erinnert. Dave Gahans Gesang kommt sehr enthusiastisch und begeisternd rüber. Das folgende "Suffer Well" ist dann auch der ersten Songs auf dem Album aus der Feder des Sängers und einer der besten! Mitreißend, zum mitsingen, sehr melodisch und trotzdem kraftvoll. Dieser Song beißt sich sofort fest. Das anfangs ruhige und schwermütige "The Sinner In Me" bricht in der Mitte kurz aus und kämpft sich mit einem verzerrten Gitarrensolo den Weg frei. Das wiederum melancholische "Precious" scheint anfangs nicht so recht auf das Album zu passen. Doch nachdem man "Playing The Angel" komplett durchgehört hat, ist dieser harmonische Song kein gar nicht mehr so auffallend verschieden. Natürlich hat es sich auch Martin Gore nicht nehmen lassen, seine Stimme auf dem neuen Depeche-Mode-Werk zu erheben. In typischer Gore-Manier wirkt "Macro" anfangs sehr puristisch und entfaltet erst im Verlauf des Songs seine ganzen Qualitäten. Die folgenden "I Want It All" und "Nothing's Impossible" wurden wieder von Dave Gahan komponiert. Ersteres ist ein sehr ruhige und beschauliche Nummer. Nichts außergewöhnliches, aber auch nicht schlecht. "Nothing's Impossible" ragt dafür sehr heraus. Dunkel, düster, schwarz, mit leicht verzerrten Vocals, überraschenden Sounds und treibendem Rhythmus ist der Song wieder einer derer, die sofort hängen bleiben. Nach dem kurzen Instrumentalstück "Introspectre" kommt wieder Martin Gore mit dem idyllischen "Damaged People" zu Wort, das mit seinem Retro-angehauchten Sound an ältere Stücke erinnert. Noch weiter zurück in die Vergangenheit führt das poppig-elektronische "Lilian", das fast aus den 80ern stammen könnte. Den Abschluss bildet die Ballade "The Darkest Star", der auch der Titel des Albums entnommen ist. Ein trauriges Stück, das mit knapp sieben Minuten Spiellänge für Depeche Mode ungewohnte epische Ausmaße hat. Der elektronische Sound, das Fehlen der Gitarre und die Pianotöne machen "The Darkest Star" zu einem DM-Stück par exelence, das sich genau so auch auf "Violator" hätte befinden können. Depeche Modes neues Album überrascht in vielerlei Hinsicht und birgt äußerst viele Ohrwürmer. Dieses Ergebnis ließ sich nicht einmal ansatzweise erahnen und man wird fast misstrauisch, woher das Trio auf einmal die Energie und Spielfreude her hat. Aber anscheinend haben sie sich entgegen aller Unkenrufe zusammengerauft. Und so sollte diese Rezension auch mit einem Zitat von Dave Gahan schließen, welches die Atmosphäre des Albums sehr gut widerspiegelt: "Soviel Spaß, wie es mir heute macht, bei Depeche Mode zu spielen, hatte ich davor 15 Jahre nicht mehr!".