In den 14 Jahren, in denen ich für den Medienkonverter schreibe, hatte ich wirklich ausreichend Promos vorliegen, bei denen ich mich ganz furchtbar gelangweilt habe. Das lag manchmal am Stil, der einfach nicht meinem Hörgewohnheiten entsprach, oder an fehlender Kreativität, mangelnden Ideen oder plumper Wiederholung von Genrestandarts. Bei vorliegendem Album von Death loves Veronica habe ich das Gefühl, dass auch Veronica Campbell beim Schreiben und Einspielen der Musik ähnlich gelangweilt war. Ein bemerkenswertes Niveau elektronischer Einschlafhilfen erwartet euch: Weckt mich auf, wenn es vorbei ist.

Frau Campbell ist eine preisgekrönte Produzentin und Songwriterin, die seit Jahren Musik für Post Punk und Death Rock Bands produziert und einspielt – so viel weiß ich schon einmal Dank Bandcamp. Welche Preise sie gewann, konnte ich bisher nicht herausfinden, aber wer gerne wissen möchte, welche Bands ihren Einsatz genossen, der kann ja auch der Homepage stöbern. Ist jetzt nicht weltbewegend, aber ordentlich, genau wie ihr Einsatz für mehr Öffentlichkeitsarbeit, wenn es um psychische Erkrankungen geht. ‚Chemicals‘ entstand innerhalb von zwei Wochen, während sich Campbell von einer Operation erholte und wegen mangelnder Bewegungsfreiheit der Arme eher mit ihren Lieblingssynthesizern herumspielte. Ob das jetzt gut und besonders authentisch und reduziert auf die Künstlerin ist oder ob man damit das Ergebnis entschuldigen kann?

Ich könnte Zeile um Zeile schreiben mit all den Fakten, die ich aus dem Netz zusammengesucht habe, aber ich kann wohl kaum verhindern, auf das Gehörte zu schreiben zu kommen… Na dann: Die Produktion gefällt mir am Ehesten. Kein umwerfendes Erlebnis, aber auf Kopfhörern ausgewogen abgemischt. Zu hören gibt es wahnsinnig nichtssagende elektronische Kost, irgendwo zwischen Dark Wave, sanftem EBM und unterkühltem Synth Pop. Sowohl die Beats als auch alle melodischen Sounds sind so wahnsinnig unbesonders, dass es fast schon wieder etwas Besonderes ist. Keine Melodie kann mich berühren, selbst mit mühevoller Instrumentierung würde ich die Tracks nie weider hören wollen. Es passiert einfach zu wenig und man kann versuchen, die Monotonie auf ‚Chemicals‘ damit zu entschuldigen, dass Campbell die aussichtslose Zeit der Covid Pandemie musikalisch umsetzen wollte, man muss es aber nicht. Man darf in meinen Augen auch einfach sagen, dass Death loves Veronica zäher ist als ein Hubba Bubba nach einer 24-stündigen Kausession. Und dann sind da noch die Vocals. Man kann den lasziv klingenden, sehr unnahbar wirkenden Sprechgesang mögen oder nicht, aber in meinen Ohren wirkt Campbell so gelangweilt, dass ich mit ihr an der Bar über den dritten Bourbon einschlafen möchte, während im Hintergrund ihre belanglose Musik läuft.

Ich habe mich nun ausreichend oft durch das Album gequält, vor allem, wenn man bedenkt, dass ich bereits beim ersten Durchlauf nach zwei Liedern genug hatte. Ich habe versucht, Death loves Veronica alle Ambitionen anzurechnen. Ich habe auf überzeugende Texte gehofft. Auf irgendwas. Aber ‚Chemicals‘ ist in jeder einzelnen Zelle seiner Existenz so dröge geworden, dass ich mich schwertue, wenn ich mich entscheiden müsste, welche Gurke aus diesem bisherigen Jahr ich weniger mag: Vorliegendes Narkoleptikum, die lieblose Rückkehr von Wumpscut oder die Retrojunkies. Rudy Ratzingers Machwerk ist immerhin sechs Minuten kürzer als ‚Chemicals‘ und bei den Retrojunkies brachte mich der Trashfaktor immerhin zum Schmunzeln. Gebt mir in den Kommentaren Unrecht oder lasst es – ich habe es wirklich versucht, mache jetzt aber das, worauf ich mich schon lange freue: Ich lösche die Dateien und vergesse das Album.

 

Death loves Veronica

Chemicals

 

21.05.2021

Cold Transmission

 

https://deathlovesveronica.bandcamp.com/album/chemical

http://www.veronicacampbellofficial.com/

 

01. The silence
02. Burn
03. Spindeln
04. Lies
05. The darkest place
06. There’s nothing left
07. Red leather
08. AbhorrEnt
09. Death Kiss
10. Fiction
11. The sinner
12. Grimoire