Das Jahr 2019 war vor allem in der zweiten Hälfte voller neuer Alben, die mich erreichten und über die ich schreiben durfte. Und es sind noch einige auf meinem Tisch, an die ich mich nicht herangewagt habe, einfach, weil sie noch eine Weile in meinem Unterbewusstsein arbeiten mussten. Nun wird aufgeräumt, 2020 ist schon ziemlich alt und es wird einfach Zeit.
Aus Italien erreichte mich zum Ende des Jahres ein Re-Release in Eigenproduktion. Black Metal in vor allem zu Beginn doomiger Spielart, die Wirkung sehr an DSBM Vertreter erinnernd, vier überlange Songs. Eigentlich bereits 2008 herausgebracht muss ich zugeben, dass ich nur bedingt viel erwartet hatte, da ich doch diesen Bereich düsterer Klangwelten recht ausgiebig durchstreife – was kann ich also von einem Re-Release eines Albums erwarten, dass mehr als 10 Jahre nicht auf meinem Radar auftauchte? Überraschend viel!
Ja, man muss es mögen, die kreisenden Endlosschleifen trostloser Riffs, die nicht durch besonders versierte Instrumentalmalträtierung glänzen sondern mehr durch die dadurch erzeugte Wirkung und nein, Deadly Carnage, zum damaligen Zeitpunkt vier Herren, die sich laut Internet inzwischen eher dem Post Black Metal zugewandt haben, überraschen nicht mit neuen Ideen, die das Genre aufwühlen. Aber die 33 Minuten voller Tragik und unbändiger Energie wirken verdammt gut und zwar ohne Ausnahme – alle vier Songs dauern zwischen 5 und 10 Minuten, alle sind ein wenig anders: "Antica Europa" ist ein finster-träges Moloch das für sich gefällt und dadurch besonders gut funktioniert, dass das sich anschließende "1486" deutlich mehr Wucht im Drumming präsentiert und die Riffs mehr Wut als Tragik vermitteln. Immer wieder unterbrechen die Italiener ihre Soundlawinen mit kurzen ruhigen, mir aber zum Teil zu abrupt einsetzenden Akustikgitarreneinlagen, die nur für wenige Sekunden den Black Metal ausbremsen. Mein einziger Kritikpunkt am Album wohlgemerkt. Bei "Sogno evanescente" geht es dann mit der Band durch, ein pfeilschneller, an klassischen, norwegischen Black Metal erinnernder Brocken, der sich zur Halbzeit in einen Stampfer verwandelt, der sich auch auf dem ein oder anderen Viking Metal Album gut machen würde und schließlich ist "Facing the path to eternity" eine entgültige Huldigung der zweiten Welle des Black Metals, abwechslungsreich, schnell, in den Motiven springend und ausgesprochen mitreißend. Die Band überzeugt nicht nur mit viel Abwechslung zwischen den einzelnen Stücken sondern durch ein erfreuliches Zusammenspiel aller Instrumente, die in der Produktion angenehm roh klingen, ohne in Klangbei zu enden. Und die Screams sind genau nach meinem Geschmack und passen wie Arsch auf Eimer.
Jau, dieses Album macht Freude, soweit man das als finster dreinblickender Panda sagen darf, und ich rate dazu, mal die Bandcamp-Page der Band zu besuchen, denn sie vertreiben das Re-Release im Eigenvertrieb und man darf ihnen gerne zeigen, dass sie musikalisch-qualitativ einen großen Teil der Nebenbuhler beim Wettstreit um Kaufargumente locker in die Tasche stecken.
Deadly Carnage
Decadenza
21.12.2019
Eigenvertrieb
https://deadlycarnage.bandcamp.com/album/decadenza
01. Antica Europa
02. 1486
03. Sogno evanescente
04. Facing the path to eternity