Wenn in der zunehmend undergroundigeren Synthpopszene so etwas wie ein „Boom“ auszumachen ist, dann definitiv in Osteuropa, insbesondere in Russland. Dort residieren junge, motivierte Labels wie SkyQode, Synthematik und nicht zuletzt Scent Air Records, die in den vergangenen Monaten mit einer wahren Flut an Veröffentlichungen von sich reden machten. Eine davon hört auf den Namen „Favour.“ und ist die tanzbare Fortsetzung des Debütalbums „Disfavour“ von Dark Phenomenon. Während Mastermind Roman Radchenko auf seinem letztjährigen Erstling noch eine bunte („bunt“ jetzt nicht im Sinne von fröhlichen Flower-Power-Hits) Mischung aus melancholischen, Piano-basierten Songs und Pet Shop Boys-huldigenden Dancepoptracks präsentierte, zielt das vorliegende Remixalbum nun direkt auf Clubeinsatz. Es gibt zwar auch Ausnahmen, wie die um Gitarrenriffs angereicherte Single Version von „Without You“, aber generell haben sich alle Remixer auf die Fahnen geschrieben, Romans starkes Songwriting um mehr oder weniger einfallsreiche Drums und Beats zu ergänzen sowie das gesamte Klangbild moderner wirken zu lassen. In den meisten Fällen ist dabei der charakteristische Sound des Remixers deutlich herauszuhören. Marcel Grocholla (Unique Strain) unterlegte „Testament“ mit einer eher simplen Bassline, doch diese dezente Modifikation verwandelt die zerbrechliche Melodieführung in einen waschechten Radiohit, ohne dass dieser jemals real im Dudelfunk gespielt würde. Auch Tom Shear (Assemblage 23) bietet gewohnte Kost, wenngleich sein eigenes Projekt niemals so fröhlich und optimistisch klang wie der Remix des vormals unscheinbaren „The Wrongtime“. Überraschend dagegen der Mix von Provision-Soundtüftler Matt Willis. Von den harten Industrial-Sounds seiner eigenen Band keine Spur, kommt der clubbige Sound fast sphärisch daher und macht aus dem Eurodance-Hit „Love is true“ eine düstere House-Electro Nummer, die mit schönen Flächen im Instrumentalpart aufwartet. Der allseits präsente Peter Rainman nahm für seinen „Testament“-Mix sogar noch eigene Vocals auf („is this the eeeeend...“) und liefert mal wieder die einprägsamste Melodie der gesamten Platte ab. Im letzten Drittel der CD wird vermehrt experimentiert, hier kann jedoch allenfalls noch 2nd Civilization mit einem sehr aufwendigen Mix von „Love is true“ überzeugen, ebenfalls mit eigenen (verzerrten) Vocals sowie einem cleveren Spannungsbogen, der sich von minimalistischen Beats hin zu aggressiven Electro-Industrial Sounds steigert. Bei dieser Fülle von Remixen ist klar, dass nicht jeder Beitrag ein absoluter Kracher ist, von „Vainerz“ ist man vor allem mit Blick auf deren hörenswertes Debüt „Silence“ besseres gewohnt, auch „Sonic Decoy“ oder „Toxic N Blue“ haben eher Durchschnittskost zu bieten, aber dies trübt den guten Gesamteindruck nur teilweise. Wem Dark Phenomenon auf Albumlänge bislang zu weichgespült war, der sollte sich die Discoversion des Albums „Disfavour“ mal ausführlicher anhören. Für alle anderen gilt natürlich weiterhin die Empfehlung, auch in die Originalversionen der Songs reinzuschnuppern. Besseres Songwriting wird man auf dem aktuellen Synthpopmarkt kaum finden.