Geht es um elektronische Klangerzeugung, ist Schweden schon seit Jahrzehnten der "place to be". Wie viele gute, um nicht zu sagen: enorm einflussreiche, Bands und Projekte entstammen aus diesem skandinavischen Land? Da die Messlatte für Musikerinnen und Musiker dieses Genres dort extrem hoch ist, kann es durchaus passieren, dass viele Combos hinten überfallen, obgleich sie durchaus Qualitäten und Potenzial besitzen. Code64 ist so ein Fall. Henrik Piehl und Christian Espeland gründeten das Projekt um die Jahrtausendwende und wurden nach ihrem ersten musikalischen Lebenszeichen in Form des Albums "Storm" anno 2003 mit viel Lob überschüttet - sowohl von Musikkritikern, als auch von Fans. Code64 erspielte sich eine kleine Fangemeinde in Europa, der große Durchbruch blieb ihnen aber verwehrt.

2008 wurde die Zukunft des Projektes zudem in Frage gestellt, da Piehl wegen künstlerischer Differenzen Code64 verließ und Espeland fünf Jahre später das weitergeführte Projekt ruhen ließ, um sich mehr um seine Familie zu kümmern. Keine rosigen Aussichten also für den Electro-Act und deren Anhänger. Ein Facebook-Posting vor drei Jahren sorgte dann aber für Entzücken bei den Fans: Code64 arbeiten wieder an neuem Material - in der Urbesetzung Piehl/Espelund. Das Ergebnis ist nun in Form von "Broken Rhythm" zu hören.

So unstet das Bestehen des Projekts auch war: Es musste wohl so sein. Fast scheint es, als habe es klärende Gespräche hinsichtlich der musikalischen Visionen der beiden Künstler gegeben, denn "Broken Rhythm" offenbart im Vergleich zu ihren früheren Veröffentlichungen eine ganz neue klangliche und soundästhetische Ausrichtung. Einstmals mit VNV Nation verglichen, ist von diesem Future-Pop-Gebaren nicht mehr viel übrig. Stattdessen findet das Zweiergespann nun Gefallen am transparenten Synthesizer-Klang, der nicht auf drückende Sequenzen setzt, sondern arabeske Melodielinien mit sparsam pulsierenden Beats paart.

Ist es vielleicht die anschleichende Altersmilde der in die Jahre gekommenen Männer? Oder ist "Broken Rhythm" die musikalische Umsetzung vom Suchen und Finden der inneren Mitte? Jedenfalls muten Stücke wie "Shine On" mit ihren wie Glühwürmchen umherschwirrenden Klängen wesentlich geerdeter und unaufgeregter als das frühere Liedgut der beiden. Bereits mit dem Eröffnungsstück "Hall Of Mirrors" wird deutlich, dass man sich nun einem wesentlich cooleren Sound verschrieben hat, der an die kommerziellen Erfolge von MGMT erinnert. In "Emotional Content" erfährt der neue Code64-Sound einen ersten fulminanten Höhepunkt. Der Beat schubst die Komposition sanft an, redundante Arpeggios, die sich im Laufe der Nummer immer wieter aufbauen, bilden einen unwiderstehlichen Sog, dem man sich unweigerlich ergibt. Und "The Void" schielt mit einem Auge sogar auf die aktuellen Synth-Wave-Strömungen.

Dennoch zeigt "Broken Rhythm" auch ein Problem auf: Der Stilwechsel geht einher mit einer neuen musikalischen Ausdrucksweise, die Piehl und Espelund noch nicht in Gänze zu Ende gedacht haben. An manchen Stellen wirkt das Album noch nicht ganz rund. So will beispielsweise "Reflections" an alte Zeiten anknüpfen, verheddert sich aber im neuen Anspruch, den die Band an sich selbst setzt. Kurz gesagt: Bei einigen Songs scheinen Code64 Angst vor ihrer eigenen Courage zu haben.

So ist "Broken Rhythm" ein ziemlich typisches Album geworden für eine Band, die einen Neuanfang wagt. Einiges greift wie früher ineinander, anderes blockiert sich noch. Aber ihre neuen Ideen, die sie hier präsentieren, sind im Ansatz auf jeden Fall nachvollziehbar. Idealerweise werden sie bei der nächsten Platte ihre neue musikalische Vision vollends überzeugend an den Mann bringen.