Für ihr neues Album holte sich die amerikanische Songwriterin Emileigh Rohn (Chiasm) die Unterstützung von Musiker und Produzent John Fryer. Er hat seinerseits mit Größen, wie z.B. Depeche Mode, Clan of Xymox, Nine inch Nails oder Cocteau Twins gearbeitet. Emileigh blickt ihrerseits auf eine lange Solokarriere zurück, welche bereits 1998 in Detroit begann. Wenn sich diese beiden zusammentun, dann muss etwas Großes dabei herauskommen. Das wird sich nun auf "Missed the Noise" zeigen.

„Noise“ startet gleich mit einem poppigen Grundbeat. Aufgelöst wird der Refrain in einem drängenden, höher gelagerten Gesangsteil. Das Lied ist straight und mir tatsächlich ein wenig zu gefällig. Hier gibt es weder Ecken, noch Kanten, aber eben auch keine Eigenständigkeit. Daran ändert auch das erwartbare Zwischenstück nichts. Wesentlich angenehmer kommt der Moog bei „Away“ daher. Die Stimme klingt etwas gehetzt, während der Titel sich durchs Gewölle stapft. Dabei bleibt es leider auch. Der Song klingt schon besser als der Vorgänger. Aber ich habe das Gefühl, man hätte mehr daraus machen können. Das ist mir noch zu gewollt gefällig. Der Beginn von „Frantic“ stellt wieder eine Steigerung dar. Ein kaum wahrnehmbar gepitchter Synth lässt mich genauer hinhören. Schade, dass der Refrain wieder so chartanbiedernd daherkommt. Das Zwischenstück ist auch etwas zu lang geraten, um seine volle Wirkung zu entfalten. Ganz still und fast schleichend nähert sich „Are you ok?“. Langsam steigert sich der Titel, während Emileigh ganz dicht an meinem Ohr singt. Ich kann ihre Emotionen förmlich greifen. Dieser Song ist unglaublich stark in all seiner Intimität. In eine andere Kerbe schlägt „Interwined“. Ein Synthbass führt durch eine Geräuschkulisse. Dazwischen fliegt, fast zerbrechlich, die Stimme. Im Refrain bricht sich dann alle Wucht Bahn, nur um wieder in die minimalistische Strophe zurückzufallen. Dieser Wechsel ist absolut hörenswert und biedert sich zu keiner Zeit irgendwelchen Erwartungen an. Am Ende bleiben fast nur die distorteten Sounds. Topsong Nr. 2. Ruhig und getragen fängt „Calling“ mit einem Flüstern an. Die Stimme tastet sich hilflos zu einem Refrain, der wieder Aufbruch darstellt und eine schöne, kaum wahrnehmbare Melodie einführt. Das ist sehr gut gemacht, ähnelt im Aufbau jedoch sehr dem Vorgängersong. „Yours“ hat zwar im Refrain einen kleinen Breakbeat, stellt sich mir in den Strophen aber zu öde an. Der Titel überzeugt mich nicht, da er einfach für meinen Geschmack zu viele Breaks besitzt und dadurch undurchsichtig wirkt. Es fehlt also quasi ein roter Faden. Getragen von einem Bass wird Emileigh wieder mehrstimmig in „Missed“. Die ruhigen Strophen werden erneut durch einen Bombast-Refrain abgelöst. Einzig ist als schöne Abwechslung zu vermerken, dass auch John nun gesanglich etwas zu tun hat. Ansonsten ist das bewährte Rezept wieder etwas zu gefällig umgesetzt. Bei „Knocking" wird die Stimme gefiltert, was eine gute Abwechslung ist. Der Synth übernimmt die Gesangsmelodie und marschiert in einen guten Refrain. Nur, um danach zu einem kompletten Stopp zu kommen. Im Anschluß baut er sich wieder vorsichtig auf. Mich überzeugt das Setting in diesem Fall tatsächlich wieder, da alles durchaus schlüssig geschieht. „Wanted“ ist eine Ballade, die vorsichtig beginnt. Im Refrain kommen distorted Sounds zur Anwendung. Hier fehlt die zündende Idee, die meinen Schalter drückt. Der Song kann auch durch den Gitarreneinsatz nicht überzeugen. Fast schlagerhaft mutet der Beginn von „Gone“ an. Wieder haben wir hier eine Ballade, von der Stimme Emileighs getragen. Dazu Gesänge im Hintergrund, die ein wenig an Enya erinnern. Es ist schade, dass damit wohl auch das Ende der Ideen erreicht war. Der Song ist eben einfach da. Aber als letzter Titel ist auch er recht flach.

Ich muss zugeben, glücklicherweise habe ich dem Album noch eine zweite Chance gegeben. Denn, wie so oft liegen hier Licht und Schatten nah beieinander. Da gibt es vollkommen banale Popsongs und schnarchige Balladen, die von den wirklichen Klangperlen etwas ablenken. Unglücklich ist hierbei zum einen die Entscheidung, gerade so einen poppigen Weghörtitel den Albumeinstieg bilden zu lassen. Andererseits endet das Album mit einer unspektakulären Ballade. Emileigh hat es eigentlich nicht nötig sich an gängige Chartklischees anzubiedern, gibt es doch die starken Songs im Mittelteil, die wirklich zuhören lassen, in denen das Potential und das Können beider beteiligter Künstler zu Tage tritt. Hier klingt alles stimmig, die Gefühle kommen quasi durch den Sound geflogen. Und man muss einfach mitgehen. Wer deswegen das Album erwerben möchte, der findet alles Wissenswerte über CD und Download auf der Bandcamp-Site von Chiasm. Dort kann man auch Probehören. Und das lohnt sich auf jeden Fall, denn Geschmäcker sind ja verschieden. :-)

Anspieltipps: Are you ok?, Interwined, Knocking