Herrje, diese Rezension fällt schwer. Auch nach dem fünften Durchlauf des zweiten Albums der Cottbuser Electropopper Channel East halten sich Pro- und Contra ziemlich streitsüchtig die Waage und das Pendel will weder zur einen noch zur anderen Seite ausschlagen. Pädagogisch wertvoll geäußerte Kritik stellt immer zunächst das Positive in den Vordergrund, um anschließend wohldosierte „Verbesserungsvorschläge“ an den Adressaten zu richten, bevor zum Schluss ein wohlwollendes Resümee gezogen wird. Diese Handlungsanleitung soll mich auch durch diese Rezension führen. Verallgemeinernd ist zu sagen, dass der Kanal Ost lupenreinen Synthpop über den Äther schickt. Lupenreiner geht fast gar nicht mehr. Ein einfach gehaltener Beat, straighte Melodien, schnörkellose Refrains und ein Gesang, dessen Schallwellen in den Ohrmuscheln für ein äußerst vertrautes, heimisches Feeling sorgen. So poppt gleich der Opener „Success“ mit einer „catchy“ Hookline in den Vordergrund und animiert zum Mitsingen: „You wait so looooooong“ – vielleicht nicht gerade auf den verzerrten Vocoder-Gesang, der an manchen Stellen arg an chartkompatible Massenware erinnert und sich leider durch das halbe Album zieht, doch irgendwie hinterlässt dieser Song gerade durch seine simplifiziert vermittelte Gute Launigkeit einen nachhaltigen Eindruck. „Suffering to me“ geht in eine ähnliche Richtung, ist noch eine Spur tanzbarer und als Headliner der vorab veröffentlichten EP eine gute Wahl gewesen, doch Track 3 zieht den bis dato ordentlichen Gesamteindruck mächtig nach unten. „Thank you“ klingt zu 80% nach Fancy, dessen Gassenhauer „Flames of love“ auch live häufiger zur Setlist von Channel East gehört. Zur zuckersüßen Melodie gesellt sich ein im Stile bester Deutsche Bahn-Ansagen vorgetragenes „Säääänk you“, das den letzten Rest Freude weg trällert. Aber wir wollen nicht so hart sein, bis zum Abschluss des Albums bleiben derartige Ausflüge auf die Dorfkirmes eine absolute Ausnahme. „Way of life“ und „Still you“ setzen an Position 5 und 7 zwei Ausrufezeichen und heben dank druckvoller Drums und interessanter Melodiebögen das Liedgut in höhere Qualitätsdimensionen. Beim ironischen „Discoboy“ passt dann plötzlich auch der Vocoder-Effekt wieder blendend, da er die lyrische Intention des Textes perfekt transportiert. Mit auf CD befinden sich drei Remixe von Songs des Debütalbums „Between Humans“, die u.a. von Frozen Plasma und Assemblage 23 bearbeitet wurden. Hierbei zeigt sich, was auch Channel East mit einer etwas abwechslungsreicheren Instrumentierung hätte gelingen können – ein schmissiges, frohsinniges Synthpopalbum mit einschmeichelnden Popnummern. Nun ist es aufgrund der ausgebliebenden Vielfalt im Soundbild, der gewöhnungsbedürftigen Gesangseffekte zwar eine Nummer Kleiner geworden, aber Fans des jüngsten Distain-Albums, welches klanglich eine ähnliche Richtung einschlägt, dürfen gerne mehr als ein Ohr riskieren. Dazu passt auch die Kooperation mit besagter Band, die mit „Window“ ein tragendes, melancholisches Lied hervorbrachte, das als Chill-Out Intervall zwischen dem Tanzfeuerwerk seinen passenden Platz auf „Window to earth“ fand.