Mittlerweile das siebte Album liefern die drei Wahl-Berliner mit ‚Relocated’ ab. In der Synthpop-Maschinerie Deutschlands als feste Größe etabliert schaffen es Camouflage immer wieder ihre Richtung zu ändern, allerdings nur soweit, dass die Charakteristika ihrer Musik nicht verloren gehen. Nach dem Comeback-Album ‚Sensor’, das sich mit fantastischen, düsteren Stimmungen sehr elektronisch präsentierte steht Relocated eher für verträumte, elektronische Balladen, wie sie bisher eher auf ‚Methods of Silence’ oder ‚Bodega Bohemia’ zu finden waren. Natürlich ist das nicht alles und die Abwechslung kommt nicht zu kurz. Die harten Fakten: 14 Songs, davon zwei Instrumentals über insgesamt 54 Minuten. ‚We are lovers’, neben ‚Conversation’, das es nur auf die Single geschafft hat, sicherlich einer der Camouflage-typischsten neuen Songs, gab es live bereits vor einigen Jahren zu hören, damals allerdings noch mit anderem Chorus unter dem Titel ‚Memories’. Guter Auftakt: gitarrenunterstützter Electropop mit Seele. ‚Motif Sky’ fällt in die gleiche Kategorie und schleicht sich nach und nach ins musikalische Langzeitgedächtnis. Eine sehr gelungene Ballade ‚Real Thing’, gesungen von Oli schließt sich an, der diesmal drei Lieder singen darf; darunter fällt dann auch einer der ausdrucksvollsten Tracks des Albums irgendwo zwischen ‚John the revelator’ und den frühen Human League: ‚Confusion’. Weniger mein Ding ist Darbietung Nummer drei, ‚Bitter Taste’, die sehr jazzy vor sich hin plätschert. Vielleicht war es ähnlich gedacht wie – und nun möge man mir den Vergleich verzeihen – das Goresche Lied auf dem Mode-Album. Ebenfalls zu den Nummern, bei denen sich der Aha-Effekt nicht so recht offenbaren will, gehört das elektronische ‚Passing By’. Den Schlüssel zum perfekten Pop-Song haben Camouflage beim gleichnamigen Song ‚The perfect key’ mit akustischem Gitarren-Intro, sehr persönlichem und organischem Gesang von Marcus und sich steigernden Dynamik schnell wieder gefunden. Der Refrain beweist, dass Camouflage es nicht verlernt haben Melodien zu schrieben, für die man sie mögen muss; ein ähnlich ausgefeilter Chorus hätte dem sonst sehr ordentlichen ‚Dreaming’ jedoch auch gut getan. Rundum gelungen hingegen wieder ‚The pleasure remains’ das sich melancholisch schön in Kopf und Bauch festsetzt. Mit druckvollem Chorus und düster-genialen Strophen weiß ‚Something wrong’ zu überzeugen, das Geheimnis jedoch, was sich Camouflage bei ‚How do you feel’ gedacht haben, mit dem die Platte endet, nimmt wohl der Astronaut mit in die Weiten des Weltraums. Sieben recht zähe, psychedelische Slo-Mo Minuten mit östlich-folkloristischer Chor-Begleitung muten dann doch sehr seltsam an… Relocated ist ein Album, das beim ersten Hören zunächst ein wenig enttäuscht und wehmütig auf ‚Sensor’ schielen lässt, sich jedoch nach und nach entwickelt und seine Stärken offenbart. Den direkten Vergleich mit Sensor besteht das Album allerdings auch nach zahlreichen Durchläufen nicht. Ähnlich wie damals bei ‚Bodega Bohemia’ fehlt einfach das gewisse Etwas, auch wenn man nicht so genau fest machen kann was das genau ist...