Byrdi - Eventyr

Trolle sind ganz eigentümliche Geschöpfe, hausen in ihren Höhlen in den Weiten Skandinaviens und stehen musikalisch immer vor einer schweren Entscheidung: Hart oder nicht. Die beiden Waldschrate von Byrdi entschieden sich für "....oder nicht". Und das bedeutet natürlich nur eines: Byrdi huldigen dem mystischen Folk. Das ist in etwa so überraschend wie der Geschmack des dritten Bieres am Abend, kann aber auch genauso lecker sein. Lange schon nicht mehr hielt ich eine so niedliche Promo in den Händen: Das kindlich-verträumte Cover (farbkopiert) umschließt den nackten Rohling, auf dem mit Edding handgemalt das Logo der Band prangt. Herzig. Das steckt mehr Aufwand als Professionalität drin und nach dem ersten Durchlauf bin ich recht froh, dass dieser Aufwand betrieben wurde. 'Dieses-Mal-wollten-wir-keinen-Metall-spielen' Folker aus Skandinavien geben häufig Ulvers ‚Kveldssanger‘ von 1996 als Referenz an, mir kommt auch (wenn auch sehr keyboardlastig) Satyrs Wongraven in den Sinn. Diese und andere Vertreter einer Musik mit ganz eigenem, atmosphärischen Klang haben in den letzten 20 Jahren nahezu alle möglichen Aspekte des Sounds hervorgebracht. Kann Byrdi also 2015 mit den gleichen Mitteln und dem selben Melodieschema etwas schaffen, dass nicht nur eine solide Ergänzung ist sondern das Spektrum bereichert? Erschlagen wollen die beiden Musiker den Hörer nicht mit ihrer Kunst, 'Eventyr' beginnt eher ruhig und ich musste meine Erwartungen zurückschrauben (oder eher verändern), hatte ich doch bei den Worten "….präsentiert vergnügt…." im Begleitschreiben eher Finntroll'sche Lebendigkeit erwartet. Doch Byrdi stehen für rauen, aber in sich gekehrten Folk, für den man einen freien Kopf und idealerweise Wald um sich herum hat. Nach dem düsteren Intro und einem soliden Eröffnungstrack lassen Byrdi die drei in meinen Ohren schönsten Lieder hintereinander folgen: „Tuntroll“ klingt fast schon kriegerisch und lässt Bilder von nordischer Weite im Kopfkino erscheinen. Ganz im Gegensatz dazu „En fullblods byrde“ mit hingebungsvollem und sehnsüchtigem Gesang und Flötenspiel. Mein Favorit aber ist „Fanden og kvitekrist“ mit den rauen Rufen, dem etwas schiefem Gesang und einer dahintreibenden Melodie. Es folgen noch drei angenehme Lieder und dann sind die Trolle nach nur 34 Minuten Spielzeit fertig – richtig so, denn so umgeht man die Gefahr, in Beliebigkeit abzudriften, die gerade bei einem eher ruhigen Folk Album doch recht hoch ist. Byrdi setzen die neben der allgegenwärtigen Akustikgitarre eingesetzten Instrumente (Violinen, Flöten, Maultrommel) genau wie Percussions und Naturgeräusche angenehm dezent ein – in meinen Ohren eine wirklich schöne Leistung, die mit einer soliden Produktion ein gutes Bild ergibt. Wieder einmal ein Release für eine verhältnismäßig kleine Hörerschaft. Byrdi überzeugen nicht durch Einzigartigkeit oder schnelle Melodien, die sich in den Gehörgang fressen, sondern durch den konsequenten Transport eines (Lebens-)Gefühls. Und so schaffen sie mit ihrem kleinen, ungeschliffenen Juwel eine Stimmung, die so verwurzelt ist in skandinavischen Wäldern wie .... ja, wie eben die Trolle selbst.

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