Schlechterdings ist es unmöglich, immer auf dem Laufenden zu bleiben und alle großartigen Bands oder Projekte aus dem Morast uninspirierter Freizeitcombos zu filtern. Dass Blind-Test innerhalb ihres rund zehnjährigen Bestehens aber dermaßen konsequent unter dem Radar so ziemlich aller Gazetten und Online-Portale geflogen ist, wundert einen dann schon. Googelt man Blind-Test, ist die Ausbeute auch relativ mager und die digitale Anhängerschaft in den Sozialen Medien ebenfalls mehr als überschaubar. Woran das liegt, ist schwer auszumachen. Am bisherigen musikalischen Output jedenfalls nicht. Einmal kurz das Oeuvre dieses Projekts überflogen und es wird sofort deutlich: Hier macht sich einer Gedanken nicht nur darüber, was er singt, sondern auch wie er das Gesungene klanglich so unorthodox wie nur möglich untermalen kann. Das neue Album bildet da keine Ausnahme. "Subterranean" - "unterirdisch": Das beschreibt in keiner Weise die Qualität des Longplayers; vielmehr die beklemmende Atmosphäre dieses experimentellen Industrial-EBM-Brocken.

Denn Blind-Test, hinter dem sich der amerikanische Musiker Meyeke Orgillon verbirgt, erweckt die alten Electro-Geister wieder zum Leben. In seinem musikalischen Kosmos tummeln sich tonnenschwere Beats, die von alarmierenden Sequenzen umrankt werden, während Meyeke in einem verzerrten Flüsterton seine klaustrophobischen Gedanken auf die Hörerschaft loslässt. "Psychological", "Incomplete", "Fragment"... in Orgillons Welt scheint es düster zuzugehen. Hoffnung ist da kaum auszumachen. Dafür lassen die angezerrten Klänge eine Atmosphäre aufkommen, die direkt aus der Vorstellung des jüngten Gerichts entsprungen sein könnten.

Die Radikalität und auch Brutalität seiner Klangkonglomerate sind gleichzusetzen mit den kompromisslosen Stücken von Cabaret Voltaire und ähnlichen Altheroen knarziger Elektronik. Blind-Test verdeutlicht mit seiner Kunst die revolutionäre Kraft der Sounds aus den Maschinen, bevor sie glattgebügelt und einem breiten Publikum als angenehme Häppchen serviert wurden. "Subterranean" ist pures Elektronengewitter. "Quasar" mit seiner redundant sägenden Basslinie und die dampfwalzenden Beats von "Gravitational" drehen die Eingeweide des Hörers und der Hörerin amtlich auf links. Wem es vergönnt ist, die Heimanlage auch mal etwas lauter aufzudrehen, sollte dies machen. Denn das Album entfaltet seine ganze Kraft erst, wenn die subbassigen Töne so viel Druck besitzen, dass sie durch Mark und Bein dringen.

Was uns zur Kernkompetenz dieses Albums bringt: Tanzbarkeit. Selbst in den etwas ruhigeren Momenten wie bei "Ghost Talk" besitzt die Rhythmussektion immer noch derart viel Energie, dass selbst eine verringerte BpM-Zahl die geneigte Hörerschaft nicht davon abhalten kann, aufs Parkett zu stürmen. Wenn im Düsterclub die Bassbox wummert und die Tanzfläche in künstlichen Nebel und Stroboskopblitzen eingehüllt ist, könnten praktisch alle Stücke von "Subterranean" den Boden zum beben bringen. In ganz seltenen Fällen, exemplarisch bei "Oculomotor" und "Celestial Body", dürfen arabeske Trance-Parts eine flüchtige Leichtigkeit vermitteln, ehe sie aber wieder schnell ins klangliche Nirwana abdriften. Insgesamt bleibt es bei Blind-Test so staubig und dunkel wie im Bergwerk.