Bleib Modern ist eine Post-Punk, Cold-Wave Formation aus Deutschland. Beheimatet sind die Musiker in Berlin und München. 2014 wurde ein erstes Tape veröffentlicht. Im Jahr 2015 folgte das erste Album auf den Fuß. Nun, im März 2021, erblickt bereits der 4. Longplayer „Afraid to Leave“ die Dunkelwelten. Na dann, wie üblich den Rotwein geöffnet, ein Kerzchen an und ab in die angenehme Depression.
Die Jungs von Bleib Modern bieten auf der gesamten Lauflänge Weltschmerz von allererster Güte. Da gibt es die klagenden Vocals, die fesselnden Drums und die unbedingt notwendige weinende Gitarre. Alles zusammen findet sich in einem Gewand, dass der dunkle Bass umfängt. Ich bin in einer Welt, die Unverständnis, Ablehnung und Traurigkeit bedeutet. Bereits in „Glow“ wird postuliert „This world is black“ und „This world is dead“. Minimalistisch startet „Loony Voices“ mit einem schön verträumten Gitarrenthema. Schön entrückt holt mich die Stimme in die Tiefe. Schneidender sägt sich die Snare von „Bitter Smile“ in mein Trommelfell. Leicht anklagend wirkt auch die Stimme. „You`re so tired of this world, you`re so tired of yourself“. Ja, irgendwie schon. Und tragend, flehend schlummert „Your Skin“ auf dem nächsten Platz. Wieder fasst mich die Gitarre an. Mit einem schleppenden Rhythmus und einer dominanten Basslinie führt mich „Sleep“ nun ins Reich der Träume. Ein Ausbruchsversuch des Drums wird von den besänftigenden Gitarren wieder eingefangen. Beschwingt dreht „Portrait“ dann an der Stimmungsschraube. Und genau zum richtigen Zeitpunkt zeigt sich wieder ein Hoffnungsschimmer am Horizont. Doch kurz darauf klingt einsam mit dem Schlagzeug in „Soaked“ eine verträumte Gitarrenmelodie in den Untiefen der Traurigkeit. Schön wird eine Gitarre ausgefadet. Hilflosigkeit durchdringt mich, wenn „Around your Arms“ erklingt. Die Vocals suchen nach Antworten, die sie nicht bekommen werden, während die Instrumentierung die wachsende Unsicherheit unterstreichen. „Walls“ erscheint dann wieder etwas positiver. Mit einer eingängig gezupften Gitarre fordert der Song meine Aufmerksamkeit ein. Ein kleines, feines Gitarrenriff findet sich in „Into the Night“. Dieser, wieder sehr eingängige Song bildet den letzten Gruß auf dem Album. Unterschwellig fühlt man quasi, dass die Gitarre aufbrechen möchte. Doch, fein eingesetzt, wird sie im Zaum gehalten. Versöhnlich erklingt die verspielte Gitarre und dieser positive Schub fadet sich dann davon.
Wie ich schon mehrfach bemerkte, bringen in den vergangenen Jahren diverse Bands Alben heraus, die genau das darstellen, was ich eigentlich von „The Cure“ seit Jahrzehnten erwarte. Während die Altmeister sich in der eigenen Zufriedenheit ergehen, haben die jungen Bands mittlerweile das Zepter zurecht übernommen. Mit „Afraid to Leave“ gesellt sich nun ein weiterer Vertreter dieser wundervollen Dunkelalben auf meine Playlist. Ich finde, man kann kaum perfekter ein Album in diesem Bereich produzieren. Sei es vom Einsatz der Instrumente, oder der Stimme oder auch der Zusammenstellung her. Die Jungs selbst bezeichnen dieses Album als ihr bisheriges „Meisterwerk“. Und ja, ich finde wahrhaft meisterlich, was ich gehört habe. Die Scheibe lädt förmlich dazu ein, sich in der eigenen Stimmung zu verlieren, einfach ein paar Bilder vor dem geistigen Auge erstehen zu lassen zu und dem Alltag davon zu driften.
Als Anhänger des Dunkelwave kommt man hier nicht umhin einmal ein Ohr zu riskieren. Es kommt nicht oft vor, dass ich rezensierte Werke tatsächlich haptisch besitzen möchte. Aber von „Afraid to Leave“ habe ich mir die Vinylversion geordert, einfach um ein paar schöne Dunkelabende mit angesprochenem Traubensaft und flackerndem Kerzenschein zu haben. Und dann freue ich mich einfach, dass es solch wundervolle Alben gibt.
Wer es mir gleich tun möchte hat auf der Bandcamp-Site die Möglichkeit das Werk digital, auf Vinyl, CD oder Kassette zu ergattern.