Black Lung - The Brutal Gardener

Black Lung - The Brutal...

Wir leben in der viel beschworenen "Zeitenwende". Extreme Wettergeschehnisse nehmen zu, in vielen Ländern kommt es zu einem Erstarken rechtspopulistischer und nationaler Parteiein, Europa bröckelt auseinander, und jüngst wurde Donald Trump während einer Wahlkampfveranstaltung Opfer eines Anschlags, das er leicht verletzt überlebt hat. Manch einer mag angesichts der vielen beängstigenden Nachrichten voller Sorge und ohne große Hoffnung in die Zukunft dreinblicken.

David Thrussell, der Mann hinter dem Elektroprojekt Black Lung und außerdem für seine einflussreichen Arbeiten als Snog berühmt - sein 1992er Song "Corporate Slave" gehört  immer noch zu den besten dieser Dekade-, will aber nicht in Lethargie und Fatalismus verfallen, sondern sich den Herausforderungen stellen. Tatsächlich ist der Australier auch politisch aktiv und bringt seine Erfahrungen in die Musik ein. Auf "The Brutal Gardener" versucht er, die Gemengelage aus wahren und alternativen Fakten sowie der oftmals gefühlten katastrophalen Arbeit der Politik einzuordnnen. Auf der Scheibe entwirft der Mann nur mittels Musik (oder höchstens assoziativ gehaltener Wörter) die möglichen Szenarien für die Zukunft. Von "Euthanasia" ist dabei ebenso die Rede wie von einer "One World Government" - "1984" lässt grüßen!

Aber in Stücken wie "The Arcana Of The Command", "Year Zero" und "The Custodians Of The Plan" schimmern mindestens neutrale und vielleicht auch positive Betrachtungen durch. Thrussell sieht jedenfalls die Philanthropie, also die Mitmenschlichkeit, als zentrales Thema für das Fortbestehen unserer Gesellschaft an. Der Dialog zwischen den Völkern darf nicht abreißen, sondern muss auch in diesen schwierigen Zeiten weiterhin am Leben erhalten werden. Black Lungs Klangkosmos changiert daher zwischen treibenden, dunkel-technoiden Soundscapes  (vor allem das extrem rhythmische und viel zu kurze "Armageddon" gehört zu den Höhepunkten auf "The Brutal Gardener") und aufgehellten, cineastischen Sequenzen, die Anlass zur Hoffnung geben. 

Insgesamt bleibt aber die Nachricht eindeutig, wie es auch der Titeltrack unmissverständlich klar macht: "What we need is a brutal gardener". Es müssen die Weichen gestellt werden, die  eine lebenswerte Zukunft im Blick haben. Das geht aber nur durch beherztes eingreifen - eben duch "brutales Gärtnern". Ob eines Einzelnen, was Totalitarismus bedeuten würde, oder als gesamtgesellschaftliche Aufgabe, lässt Thrussell offen. Wie er ohnehin nicht die Welt erklären oder einen Königsweg beschreiten, sondern Möglichkeiten aufzeigen will. Bestes Beispiel sind die Musikvideos zu "Armageddon"  und "Euthanasia", die größtenteils auf künstlicher Intelligenz basieren. David ist fortschrittsgläubig und sieht in neuen Technologien erst einmal mehr Chancen statt Risiken.

Der philosophische Überbau von "The Brutal Gardener" ist auf der Bandcamp-Seite des Labels Ant-Zen, das Black Lung schon seit Jahren künstlerisch begleitet, nachzulesen - das Album selbst erklärt sich nicht. Die Songs vermitteln in erster Instanz die Liebe zu den analogen Synthiesounds. Die zwölf Stücke leben von ihren blubberigen Bassläufen, denen spröde Beats beigemengt und hie und da minimale Melodien dazugesetzt werden. Zum Schluss hin wandelt sich der Charakter der Platte und bewegt sich mehr in Richtung eines experimentell angehauchten Ambient, bei dem sich gängige Songstrukturen zugunsten einer wabernden und entspannenden Grundstimmung auflösen.

Das ist vielleicht das einzige Manko an diesem an sich gelungenen Album: Die gesamtgesellschaftlichen Gedanken, die David Thrussell besitzt, kommen leider nur wenig auf der neuen Scheibe zur Geltung. Ein paar gewichtige Zeilen mehr hätten "The Brutal Gardener" auch thematisch griffiger gestaltet. Und dass er Text kann, wissen wr bereits seit "Corporate Grave".



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