Mit seinen zahlreichen Veröffentlichungen, unter anderem als Hecq oder auch als Komponist von Soundtracks, hat Ben Lukas Boysen bereits mehr als einmal bewiesen, dass er ein wahres Ausnahmetalent ist und sowohl die brachialen als auch die zarten Sounds beherrscht. Mit Gravity erscheint nun sein erstes reines Soloalbum unter diesem Namen. Eine sanfte Pianomelodie leitet das Album ein und zieht sich auch, mal mehr und mal weniger dominant, durch das gesamte Werk. Getragen von dieser, natürlich variierenden Pianolinie, erscheinen fast unmerklich hauchzarte Flächen und Melodien, die den Hörer in ein fragiles, unbeständiges Konstrukt aus Tönen und Klängen stoßen. Rhythmus, beziehungsweise Beat, wird sehr spärlich eingesetzt und wenn, dann durch natürliche, organische Töne, die sich komplett in die bereits bestehende Klanglandschaft integrieren, diese unterstützen und nicht überlagern. Überwiegend aber wird mit Piano und eigenen Soundkreationen gearbeitet und das geht so dermaßen vorsichtig und sanft von statten, dass man unweigerlich die Augen schließt und sich ganz und gar auf das eigene Kopfkino einlässt. Gravity erschafft dabei aber selbst keine Bilder, sondern lässt vielmehr Bilder erschaffen und das ist genau das, was man als Hörer möchte: Wenn man es zulässt entsteht exakt nur das, was auch entstehen soll. Diese einzigartige Eigenschaft, Bilder durch Emotionen, die wiederum durch die Musik erschaffen und hervorgerufen werden, entstehen zu lassen, machen dieses Album zu etwas ganz Besonderem. Gravity besticht durch die Reduzierung, durch die Zurückhaltung und die Konzentration auf die reine Emotion. Der Pressetext hat diesmal hundertprozentig recht, wenn er sagt, dass Gravity nur so traurig ist, wie man es zulässt und wenn man es zulässt, erlebt man eine wunderbare Reise durch die eigenen Emotionen und die müssen auch nicht immer traurig sein, es sei denn, man möchte es, man möchte neben der Höhen auch die Tiefen erleben, was auch durchaus eine Befreiung sein kann. Ben Lukas Boysen hat mit Gravity ein wahres Meisterwerk erschaffen, welches zwar durchaus etwas braucht, aber nach vollständiger Entfaltung umso mehr wirkt und auch bewirkt. Es empfiehlt sich, Gravity mit Kopfhörer zu genießen.