Ein Bahntier also? „Bahntier, das; -s, -e Es ist ein Tier, das immer auf den Bahnschienen geht. Es geht von Stadt zu Stadt. Auf der ganzen Welt leben 1'000'000 solcher Tiere. (Fantasylexikon)“ Allerdings ist dieses Bahntier das Projekt von Stefano Rossello, Ende 1999 gegründet und als ambient-experimental Projekt angelegt. Die ersten Tapes fanden ihren Weg und Interesse bei E.N.D.E. Radioluxor Label. Die erste Veröffentlichung der limitierten „Subspecies“ CD erfolgte 2001, 2002 folgte „Random“. Unterstützung bei der Produktion fand sich von Angelo Bergamini und Simon Balestrazzi. Allerdings hat das nun erste und offizielle „Revulsive“ Album keinerlei musikalische Bezüge zu Kirlian Camera. Vielmehr handelt es sich um einen explosiven Mix aus Electro-Industrial, ab und an einer zarten Prise Whitehouse und einem unglaublich nervigen Vocal (was nicht unbedingt negativ gemeint ist). Schon der erste Track „Cramp“ beeindruckte mich ob seiner Vielschichtigkeit und ließ mich ganz gespannt weiterhören. Bis „Entrap voices“ (Track 5) ist auch alles noch ganz schön, hier mal ein wenig EBM-Sound, brachiale Industrialklänge, Soundcollagen,.. Mit Track 6 wird es um einiges harmonischer. „State of Gray“ ist ein instrumentaler Track, im Hintergrund, dann und wann, flüsternde Stimmen und angstvolle Schreie. Ein Soundtrack für die Kamerafahrt über schneebedeckte Berge oder weite Landschaften – in einem David Lynch Film wohlgemerkt. Sehr minimalistische 5.43 folgen mit „Bandage“, um genau zu sein: endlos scheinende 5.43 (und ich hab sie mir nicht nur einmal angehört..). Im Gegensatz zu den ersten Tracks wird hier der Vocal zum Stilmittel, es dominiert die musikalische Vision. Insgesamt kann ich mich des Eindrucks nicht erwähren, dass eine gewisse Homogenität fehlt, ein roter Faden. Gerade die noch folgenden Songs lassen mich eher rat- als rastlos zurück. So ist Revulsive unterm Strich ziemlich anstrengend. Es bleibt das Gefühl, dass hier noch einiges irgendwie durcheinander ist, viele musikalische Einflüsse verarbeitet werden sollen - aber auf jeden Fall ein visionärer Mastermind! Deshalb gibt es an dieser Stelle vier Sterne, Bahntier Live in Berlin am 22.1. im RAW Tempel, Berlin (mit Jens von Terminal Choice an den Drums) und hoffentlich den einen oder anderen Kommentar von Euch...