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Ayreon - 01011001
Lasst Euch entführen! Wenn Multitalent, Komponist, Produzent und Sänger Arjen Anthony Lucassen sich etwas in den Kopf gesetzt hat, kann eigentlich nix schlechtes dabei rumkommen. Seit mehr als einem Jahrzehnt hat er das Rockoper-Genre auf den Kopf gestellt und im Alleingang wiederbelebt. Kritiker und Fans liegen dem Niederländer zu Füssen, Chartplatzierungen pflastern seinen Weg – ob sein aktuelles Sci-Fi Projekt „01011001“ es auch zu solchen Ehren bringen wird? Die Antwort lautet jetzt schon Ja, was u.a. der Einstieg in die deutschen (#18) und niederländischen (#2!) Albumcharts beweist. Schauen und Hören wir doch einmal rein. „01011001“ ist storytechnisch das vielleicht ausgetüfteltste, aber auch gleichzeitig das düsterste Werk des 47jährigen, der auch für dieses Album wieder eine Vielzahl an weltbekannten Musikern und Musikerinnen um sich versammelt hat. Insgesamt kommen wir in den Genuss von 16 (!) verschiedenen Stimmen u.a. Hansi Kürsch (Blind Guardian), Jonas Renkse (Katatonia) & Anneke van Giersbergen (ex-The Gathering) – Abwechslung wird wie immer groß geschrieben. Kurz zur Geschichte hinter „01011001“: Mittels des technischen Fortschritts konnte eine Rasse von Wassergeschöpfen, mit Namen „Forever“, auf dem Planeten Y das Geheimnis der Langlebigkeit entdecken. Jedoch haben sie sich so sehr in Abhängigkeit von Maschinen begeben, dass sie bedroht sind, jegliche Gefühle zu verlieren. Rettung naht in Form eines vorbeirasenden Kometen, welcher die Möglichkeit bietet, die Rasse neu zu beleben, denn dieser rast schnurstracks auf die Erde zu. Als der Komet auf die Erde einschlägt, rottet dieser Aufprall die Dinosaurier aus, doch aus der Asche der Zerstörung entstehen Menschen. Die menschlichen „Forever“ schaffen es, ihre Gefühle wiederzubeleben. Da die Menschen jedoch erst am Anfang der Evolution stehen, versuchen die „Forever“ die Evolution zu beschleunigen. Dies hat jedoch zur Folge, dass die Menschen in ähnliche Abhängigkeit gelangen wie die „Forever“ auf ihrem Heimatplaneten. Die „Forever“ müssen nun einen Weg finden, um die Menschheit vor der Selbstzerstörung zu bewahren… Genau so spacig und abgedreht wie die Story, erklingen auch die insgesamt, meist überlangen, 15 Songs der Doppel-CD. Progressiver Metal, Space Metal, Electro, Folk-Rock um nur einige zu nennen, stehen friedlich vereint, neben bzw. übereinander und verschmelzen zu einem großartigen Hörerlebnis. Kraftvolle, gitarrenlastige Stücke („Age of Shadows“. „Liquid Eternity“, „The Fifth Extinction“, „The Sixth Extinction“) werden vor allem traditionelle Metal-Anhänger begeistern können, auch wenn die elektronischen Sounds allgegenwärtig sind. Doch nicht nur harte Töne werden angeschlagen, denn der Großteil befindet sich im Midtempo oder darunter. Zarte, gefühlvolle gesangliche Duelle, Mann gegen Mann, Frau gegen Frau, oder auch das gemischte Doppel schallen aus den Untiefen der heimischen Boxen. An sich fällt es schwer, die ganze Größe und Vielschichtigkeit dieses Albums in eine einzelne CD-Review zu packen. Zu viele Details, zu viele packende Melodien, zu viele fesselnde Gesangsduelle um sie in wenigen Worten beschreiben zu können. Stellvertretend für die Verwischung von Grenzen sei das Stück „Web of Lies“ genannt. Eine ruhiges, zerbrechlich wirkendes Duett von Simone Simons (Epica) und Phideaux Xavier. Geigen und Cellos lassen uns musikalisch Hunderte von Jahren zurückreisen. Doch die Lyrics schlagen eine gegenwärtige Richtung ein, denn inhaltlich dreht es sich um die unglückliche und unerfüllte Liebe zweier Liebenden, welche nur über Online-Chats kommunizieren. Und genau diese Ambivalenz macht dieses Album so einzigartig – da ertönen südländische Gitarren, nur um sich im nächsten Moment in einem Electro-Riff-Gewitter aufzulösen und kraftvolle Opernstimmen schweben nebst derben Death Growls. Fazit: Wer Bands wie Therion, Aina, Blind Guardian und Pink Floyd im Plattenregal stehen hat, kommt gar nicht daran vorbei, sich dieses Wunderwerk zuzulegen. Ein faszinierender Sci-Fi-Trip in ferne (oder auch nicht?) Welten, der langfristig fesselt – abgerundet von einer nachdenklich stimmenden Story, welche vor den Gefahren der zunehmenden Technologisierung warnt, ohne jedoch den Zeigefinger zu erheben. Für zwischendurch ist dieses Mammutprojekt nichts und würde auch dem musikalischen Wert der Kompositionen nicht gerecht werden - vom Hörer wird somit eine gewisse Konzentration und Aufnahmebereitschaft erfordert. Heißer Tipp auf das Album des Jahres! Zum knapp fünfminütigem Trailer gelangt ihr hier…reinschauen lohnt sich! "01011001" erscheint in verschiedenen Version, neben der "normalen" Doppel-CD-Edition, liegen den anderen Variationen noch eine Bonus-DVD bei - lasst sie euch nicht entgehen.