Schwarz! Also die Augen geöffnet. Wo bin ich hier? Falls jemand den Film „Cube“ gesehen hat, möge man sich genau dieses Szenario vorstellen. Doch kommt man erst gar nicht dazu, zu verschnaufen und sich in Ruhe umzusehen. Sofort wirbeln einem im sterilem „Xylin Room“ kantige Klingen um den Kopf, die von einem im Midtempobereich getragenem Beat begleitet werden. Schneidende Sounds, die so maschinell klingen, als wären sie nicht von Menschenhand gemacht. Nach gut einer Minute wird das Tempo etwas gedrosselt, die paranoide Atmosphäre bleibt. In der Mitte des Songs ebbt der Beat ab und eine Melodie tritt in den Vordergrund, die von irgendwoher zu kommen scheint. So wird der Song in das Gegenteil umgewandelt und klingt nach anfänglich harschen Beats in mysteriösen Melodiefragmenten aus. Mit „IV VV IV VV VIII“ fängt dann auch schon die Reise in die Welt der gebrochenen Rhythmen und die schwer nachvollziehbaren Songstrukturen an. Kalte, scheinbar unkontrollierbare, metallene Snareschläge, unterlegt von einem ganz entfernten dunklem Soundteppich. Knarzige Sounds, die irgendwie den Rhythmus mitzubestimmen scheinen. Bei „6IE.CR“ weicht die Dunkelheit etwas. Ein klopfender Rhythmus wird von fiepsigen Tönen begleitet, zu dem sich bald so etwas wie eine Melodie gesellt. Je weiter sich der Song dem Ende nähert, desto mehr wird er defragmentiert. Nach dem düster-nervösen „Tapr“ folgt vielleicht der Höhepunkt des Albums. Das über 11 Minuten lange „Surripere“ erinnert an die Ambientzeiten Autechres. Unheilschwangere Soundteppiche wälzen sich aus den Boxen, begleitet von einem klackerndem Beat lassen Erinnerungen an „Tri Repetae“ aufkommen; dem Werk, dass aus heutiger Sicht als Klassiker gilt. Komplexität und eine einzigartige maschinelle Kälte zeichnen diese CD aus, als ob melancholische Maschinen einen Weg gefunden hätten, auf musikalischer Ebene zu kommunizieren. Doch kaum bemühe ich diesen Vergleich, beginnt „Surripere“ sich zu wandeln. Der Beat scheint sich zu überschlagen, leicht hallende Geräusche, zu denen sich eine Art biomechanischer Wurm zu gesellen scheint, der unentwegt Geräusche von sich gibt. Zum Schluss hin wird es mit „V-PROC“ noch einmal fast poppig. Wieder kalte metallene Geräusche, mit denen ein durchgehender Breakbeat erzeugt wird. Lädt zum Kopfwippen ein. „Reniform Puls“ erinnert von den knarzigen Beats her etwas „Cap.IV“ von der zuvor erschienen Gantz Graf Maxi, ohne jedoch dessen Kompromisslosigkeit zu erreichen. Mit einer unterschwelligen Melodie klopft und knarzt sich „Draft 7.30“ dem Ende entgegen und dürfte den einen oder anderen Hörer doch erstaunt zurücklassen. Was Sean Booth und Rob Brown regelmäßig abliefern, ist höchst experientell, anspruchsvoll und seiner Zeit stets voraus. Es sei hier erwähnt, dass es durchaus Stimmen gibt, die dem Sound von Autechre absprechen, überhaupt noch Musik zu sein. Das muss der geneigte Hörer selbst entscheiden. Wer ein Faible für Musik hat, die wahrlich entmenschlicht, maschinell, fordernd und innovativ klingt, sollte mal ein Ohr riskieren. Ich ziehe mal wieder den Hut vor diesen beiden Ausnahmemusikern, die die Musiklandschaft meiner Meinung nach bedeutend bereichert haben.