Anni Hogan ist eine dieser Künstlerinnen, die selbst kaum in Erscheinung treten bzw. in der öffentlichen Wahrnehmung auftauchen, die aber einen nicht unwesentlichen Teil der Kunst einer bestimmten Zeit, Epoche oder eines bestimmten Abschnitts mit geprägt haben und es in manchen Fällen sogar noch immer tun. Allein ihre Arbeit als DJ u.a. im Batcave in London macht sie bereits jetzt zu einer Ikone. Doch lassen wir die Vergangenheit ruhen und kehren zurück zur Gegenwart, denn nach der Neuauflage des Doppelalbums "Kickabye" bei Cold Spring im Jahre 2009, gibt es nun endlich ein neues Anni-Hogan-Album. Das schlicht "Mountain" genannte Werk ist so etwas wie eine Kollaborationsarbeit verschiedenster Menschen. Begonnen hat es mit einer Reihe von Klavierstücken, die Anni Hogan und Itchy Ear zusammen komponierten, inspiriert vom Roman "Mount Analogue" von René Daumals aus dem Jahr 1952 und entfacht durch die Himalaya-Expeditionen der Bergsteigerin Cathy O'Dowd. Diese Klavierstücke wurden wiederum von Robert Strachan und Anni Hogan überarbeitet, manipuliert und mit weiteren Klängen angereichert. Heraus gekommen ist ein äußerst ruhiges musikalisches Werk, dem Ambient sehr nahe. Doch "Mountain" ist auch ein Soundtrack, eine musikalische Begleitung zu dramatischen und malerischen Bergsteiger-Geschichten, die man sich anhand der Bilder von Cathy O'Dowd im Booklet zusammenreimen kann. Die Klaviertöne bestehen manchmal nur aus einzelnen Anschlägen, darum herum wabern Synthieklänge, wie z.B. in "Stark Reality". Bisweilen kann es aber auch etwas bedrohlicher und deftiger werden. Rauschen und Dröhnen sorgen in "Altitude" für eine unbehagliche Stimmung. Doch größtenteils bleibt es bei der beschaulichen Atmosphäre, die oft nicht nur Ruhe, sondern sogar Einsamkeit ausdrückt. Schaut man sich den Film von Bob Wass auf dieser DualDisc an, der aus Aufnahmen der Himalaya-Expeditionen von Cathy O'Dowd besteht, versteht man diese Isolation, denn diesen Berg zu besteigen bedeutet, komplett abgeschnitten zu sein vom Rest der Welt, bedeutet Entbehrung und Schmerz, aber natürlich auch Freude, Befriedigung und Begeisterung. Ersteres versteht man, wenn man sich nicht nur die Bilder, sondern auch den Monolog von Cathy O'Dowd im düsteren "Deathzone" anhört, letzteres ist beispielweise in "Cherished Blazing Moon" oder im abschließenden "Frozen Eulogy" zu erfahren. "Mountain" zeigt seine Schönheit erst auf den zweiten Blick, da man durch die ruhige Ausrichtung eigentlich zweimal hinhören muss, bis man von der Musik gewordenen Faszination der Berge und des Bergsteigens erfasst wird, bis man das Wasser in den Gletscherspalten plätschern und den Sturm um die Gipfel pfeifen hört. Ein beeindruckendes und außergewöhnliches Album, das durch seine Zurückhaltung überzeugt!