Fast zwei Jahre sind vergangen, seit Amduscia mit ihrem Debütalbum Melodies for the Devil die Elektrogemeinde in ihren Bann zogen. Eine lange Zeit, in der sich viel verändert hat – doch die Erwartungen an ein neues Werk bleiben hoch, besonders wenn der Erstling so einschlägt wie damals. Im Februar eröffneten Amduscia ihre zweite Album-Phase mit der EP Dead or Alive, die nun unter Beweis stellen muss, ob das Trio Polo, Edgar und Raul an den Erfolg ihres ersten Werks anknüpfen kann.
Dass es Nachfolger immer schwer haben, liegt in der Natur der Sache. Der Überraschungseffekt des Debüts ist verpufft, die Messlatte wurde hochgelegt, und die Fans sind anspruchsvoller geworden. Umso spannender ist die Frage: Kann Dead or Alive den hohen Erwartungen gerecht werden? Die kurze Antwort: Ja, aber nicht ohne Einschränkungen. Die EP beginnt mit einem brachialen Klanggewitter, das keine Gefangenen macht. Wummernde Beats, verzerrte Vocals – ja, ich weiß, der Vergleich mit ihren mexikanischen Landsleuten und Labelkollegen Hocico drängt sich auf, aber er ist nun mal zutreffend. Doch Amduscia setzen ihre ganz eigene Note hinzu: sparsam, aber gezielt eingesetzte Trance- und Dance-Elemente, die den Tracks eine gewisse Eingängigkeit verleihen, ohne dabei zu glattgebügelt zu wirken.
Trotz dieses kraftvollen Einstiegs kann mich jedoch nicht alles auf der EP überzeugen. False Freedom und Dead or Alive im Club Mix lassen mich eher kalt. Der Grund? Zu viel ATB, zu viel Eurobeat – das klingt für meinen Geschmack zu sehr nach standardisierter Tanzflächenkost, die zwar funktioniert, aber kaum Akzente setzt. Doch bevor sich Ernüchterung breitmacht, kommt die Rettung in Form des Dead or Alive (God Mod Rotten Skin Dance Mix). Hier geht es wieder voll auf die Zwölf – ein treibendes, düsteres Elektrobrett, das seinen Platz in den Playlists der Clubs redlich verdient hat. Übrigens findet sich genau diese Version auch auf der Heft-CD des Zillo in der Februar-Ausgabe. Dann folgt Corpses Symphony – ein Stück, das seinem Namen alle Ehre macht. Eingeleitet von klirrendem Klavier und gellenden Schreien, entfaltet sich eine bedrückend-düstere Atmosphäre, die den Hörer sofort in ihren Bann zieht. Ein vergleichsweise ruhiger Track, aber gerade dadurch umso intensiver. Hier zeigen Amduscia, dass sie mehr können als nur brutale Club-Hits – sie können Stimmungen erzeugen, die einem tief unter die Haut gehen.
Delirio Asesino schlägt dann wieder eine ganz andere Richtung ein. Das Intro erinnert stark an Techno und dürfte in voller Lautstärke auf der nebelverhangenen, von Stroboskop-Lichtern durchzuckten Tanzfläche seine maximale Wirkung entfalten. Ein Track, der kompromisslos nach vorne prescht und pure Energie versprüht. Leider kann ich textlich nicht viel dazu sagen – das Einzige, was ich verstehe, ist ein herausgeschrienes „F*** you“. Mein Versuch, mit Google Translate Licht ins Dunkel zu bringen, endete wenig erfolgreich. Doch wer braucht schon tiefgründige Lyrik, wenn der Sound für sich spricht?
Zum Abschluss gibt es noch eine echte Überraschung: Dead or Alive im Defcode Remix. Und dafür kann man Decoded Feedback gar nicht genug danken! Für mich ist das hier der unangefochtene Höhepunkt der EP. Warum? Weil sich hier eine seltene Kombination aus klarem Gesang und druckvoller Instrumentierung entfaltet. Ein kurzer Textauszug gefällig? „Why should I live? Why should I live? Why haven’t I died? I’m longing for death, help me to die. Am I still awake? Help me so fast.“ Diese Worte, in ihrer Verzweiflung kaum zu überbieten, gepaart mit der dichten, fast schon hypnotischen Klangkulisse, erzeugen eine Atmosphäre, die den Hörer völlig in ihren Bann zieht – ein teuflisch-aggressives Fiasko, das zwischen Unwirklichkeit und Wirklichkeit hin- und herpendelt.
Unterm Strich bleibt Amduscia ihrem bewährten Konzept treu: Das Fundament aus EBM, Electro und Industrial steht felsenfest, während Techno- und Trance-Elemente das Ganze abrunden. Doch auch wenn Dead or Alive viele starke Momente hat, hinterlässt die EP bei mir ein zwiespältiges Gefühl. Einerseits liefert sie genau das, was Fans erwarten – andererseits fehlt vielleicht der letzte Funke Innovation, der sie von anderen Veröffentlichungen abheben würde. Dennoch bin ich mir sicher, dass Amduscia mit dieser EP ihren Status in der Szene nicht nur halten, sondern weiter ausbauen werden. Die Club- und Tanzflächenlandschaft braucht frischen Wind – und den liefern sie definitiv. Besonders gespannt bin ich auf die kommende Tour zusammen mit CombiChrist! Denn eines ist klar: Live entfaltet diese Musik noch mal eine ganz andere Wirkung.
Dead or Alive? Nun, ich bin dann eher für „entweder – oder“ – lasse mich aber bei der Sternenvergabe auf einen Kompromiss ein.
Medienkonverter.de
Amduscia - Dead Or Alive

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Laut Rémy Pelleschi, dem Kopf hinter Mlada Fronta, ist ihm mit der DVD "Dioxydes" sein persönliches