Okey, wer war das? Wer hat es gewagt, auch nur ein Haar dieses aus Ausnahmetalentes zu krümmen? Ja sie sogar umzubringen? „Who killed Amanda Palmer?“ Das Opfer selbst sollte den meisten hoffentlich bekannt sein als Teil der Bostoner Dresden Dolls, aber nun ist es geschehen – im siebten Jahr der Bandgeschichte und nach 2,5 regulären Alben, dem Livedebut, DVDs und fast sieben Jahren Dauertouren findet sich auf dem Cover der vorliegenden Scheibe das Beweisfoto: Sie ist tot... ...aber nur zum Teil. Denn „Who killed Amanda Palmer?“ ist sozusagen ihre eigene Art, Ideen aus ihrem Kopf zu bannen, die unter dem Namen Dresden Dolls nicht möglich gewesen wären. In Zusammenarbeit mit dem Multiinstrumentalisten Ben Folds entstand so ein Solo Album, dass sich einerseits Vergleiche gefallen lassen muss mit den bisherigen Dresden Dolls Alben, aber auch mit Alben von Songwriterinnen der letzten Monate (Denn die erleben meiner Ansicht im Moment eine kleine Renaissance, wenn ich da nur an Duffy, Amy MacDonald oder Kate Nash denke). Wenn man sich die Songs zum ersten Mal anhört kann man getrost eines feststellen – Amanda bleibt Amanda! Die zwölf Titel tragen musikalisch und durch den Gesang unverkennbar ihre Handschrift. Natürlich sind sie und ihr Piano die zentralen Punkte um die sich alles dreht. Und durch das Fehlen eines ebenso starken Gegenstückes, wie es Dolls-Kollege Brian Viglione am Schlagzeug nun einmal mit seinem einmaligen Spiel ist, bekommt der Hörer 55 Minuten pure Amanda-Gewalt. Wie immer wird da nicht ganz gerade aber unglaublich ausdrucksstark gesungen, wie immer wird mit dem Piano traumhaft durch Melodien geführt, die eben auch unverkennbar Amanda Palmer sind. Warum aber dann ein Soloalbum? Hätte das nicht auch unter dem Namen Dresden Dolls produziert werden können? Die Gründe dagegen sind fein, aber vorhanden: Zum einen fällt auf, dass auf „Who killed Amanda Palmer?“ das Kabarett-Moment fast gänzlich in den Hintergrund getreten ist und Amanda eher getragene, ruhig/nachdenkliche und leicht melancholische Stücke vorträgt. Und diese wurden dann durch Streicher, Percussion und Synthesizer so begleitet, dass es eben doch ein ganz eigenes Album geworden ist. Dresden Dolls klingen purer und verspielter, Amandas Soloalbum sehr reif und ein Stück weit 'normaler'. Die Qualität der Stücke ist über jeden Zweifel erhaben – bereits in der Review zur Sammel-CD „No Virginia“ stellte ich fest: Die Dolls können wohl alles, nur keine schlechten Lieder machen. Und das setzt sich auch auf „Who killed Amanda Palmer?“ fort. Wer noch Zweifel hat soll sich einfach die ersten drei Lieder „Astronaut“, „Runs in the family“ und „Ampersand“ anhören und erst dann zur Kasse gehen und das gute Stück mitnehmen. Alle anderen dürfen blind zugreifen und sich auch auf das swingige „Leeds united“, das verträumte „Blake says“ und das Kleinod „Strengh through music“ freuen, mit seinem minimalen Aufbau und dem genialen Sample. Leider finden sich auf dem Album auch drei Titel, die „nur“ gut sind – die getragenen Stücke „Have to drive“, „The point of it all“ und „Another year“ bremsen die so peppig begonnene CD ein Stück weit zu zäh aus. „Who killed Amanda Palmer“ ist ein großartiges Solo-Album. Es entfernt sich zwar nicht zu weit von den musikalischen Taten der Dolls, bietet aber trotzdem (oder gerade deswegen) eine Fülle von fantastischen Songs. Was nur ein wenig fehlt ist Brian Vigliones Spiel, die Amandas Kreativität entgegengesetzt wird um sie etwas im Zaum zu halten und so hoffe ich, dass das nächste Release dann doch wieder ein reguläres Dolls Album wird. Der Alleingang ist aber in jedem Fall gelungen, wem Musik nicht reicht, der kann sich auch mit einem Fotoband mit Texten von Neil Gaiman glücklich kaufen oder sich die wie immer sehr schönen Videos zu den Liedern auf der beiligenden DVD oder im Netz zu Gemüte führen.