Amanda Palmer hat es geschafft. Denn in Zeiten, in denen Stars durch Produzenten "gemacht" werden, Charts durch Computerprogramme vereinheitlicht und vor- und nachproduziert die immer gleichen Gefühle erzeugen und selbstgemachte Musik kaum gegen die Industrie ankämpfen kann feiert sie einen heimlichen Triumphzug. Denn wirklich zu sehen und zu hören ist er nicht: Amanda Palmer muss man erst einmal finden. Aber wenn man sich die Erfolge auf Plattformen wie Twitter, Youtube und Facebook mitverfolgt wurde sie von sehr vielen Menschen "gefunden". Es gibt ein Leben nach den Dresden Dolls, die aufgrund eines Konfliktes mit dem Label auf Eis gelegt wurden, und dieses Leben ist verdammt erfolgreich und für den Hörer gewinnbringend. "Amanda Palmer goes down under" ist nach dem fantastischen "Who killed Amanda Palmer" und der sonderbaren EP "Amanda Palmer performs the popular hits of Radiohead on her magical ukulele" nun die dritte Soloveröffentlichung. Das Album richtet sich direkt an ihre Fans, ist eine Mischung aus Coverversionen, kurzweiligen Spaßprodukten und gewohnt anspruchsvollem Material aus eigener Feder, wobei die meisten Aufnahmen Livemitschnitte ihrer 2010er Tour durch Australien, Neu Seeland und Tasmanien sind. Amanda arbeitet trotz Solokarriere nicht alleine, nahezu alle Songs entstanden in Kooperation mit befreundeten Musikern, wurden gemeinsam eingespielt und tragen so zum Abwechslungsreichtum bei. Fans werden das Album dankbar genießen, ist es doch eine sehr persönliche Vorstellung, die weniger professionell erscheint. Es ist fast so, als ob Amanda zu Hause vorbeigekommen ist und man einen netten Abend mit Urlaubserinnerungen erlebt. Deswegen sollten sich diejenigen, die Palmers bisherigen Outputs nicht abgewinnen konnten tunlichst fernhalten, denn das Album wird sicherlich nichts zur Verbesserung des Verhältnisses beitragen. Und auch die Leser, die bisher weder mit den Dresden Dolls noch mit Amandas Soloveröffentlichunen in Berührung gekommen sind sollten besser nicht mit "...goes down under" beginnen. Was aber erwartet die Fans: Mit "Making whoopee" ein nettes Cover und ein netter Einstieg. Mehr Slapstick, die Musik tritt in den Hintergrund. Aber darauf muss man bei diesem kleinen Egotrip gefasst sein. "Australia" aus eigener Feder ist dann wie eine Visitenkarte, Referenz für all das, was Palmer musikalisch und textlich so besonders macht. "Vegemite" treibt den Humor auf die Spitze – musikalisch bereits ein sehr gelungenes Stück ist der Monolog der verzweifelten Frau, deren Freund sie mit seinem stinkenden und ekligen Lieblingsbrotaufstrich in die Trennung treibt, nicht nur absolut großartig sondern gleichzeitig so verdammt nah an realen Erscheinungen, dass dem Hörer die Tränen vor Lachen kommen könnten (Den nachgespielten Jingle der Orginalwerbungsmelodie findet man im zweiten Teil des Albums). Dann wirds sonderbar, denn die nicht ganz direkte Ode an die Intimrasur "Map of Tasmania" kommt als vollproduziertes Stück irgendwo zwischen Pop, Hip Hop und Seltsam daher. "In my mind", "Bad wine and lemon cake" – beides wunderbare Stücke, "New Zealand" die neue heimliche Nationalhymne, in kurzer Zeit in der Tourkabine zusammengeschrieben und inhaltlich irgendwo zwischen Kopfschmerzen, Tourstress, einem wunderbaren und unbekannten Land und dem Menstruationszyklus gehalten. Gerade hier zeigt sich: Palmer kann es sich erlauben, ein solch fast schon unfertiges Stück zu veröffentlichen. Einfach weil sie sie ist. Und Palmer ist verdammt gut und sympathisch. Man lacht weniger über ihre Witze als mehr mit ihr zusammen. Auch der Rest des Albums ist für Fans eine Bereicherung, besondere Aufmerksamkeit verdient aber noch das verdammt groovende Duett "A formidable marinade". Was für ein Trip, kein wirkliches Album. Objektiv betrachtet sicherlich kein Meisterwerk kann "...goes down under" menschlich überzeugen. Deswegen hängt das Mögen oder Nicht-Mögen mehr von der Sympathie ab, die man für diese Frau empfindet als für die dargebotene Musik. Textlich hat Palmer denoch wiedereinmal gezeigt, dass sie zu den kreativeren Künstlern der heutigen Zeit zählt. Die Benotung ist relativ, 5 Punkte gebe ich als Fan den Fans mit auf den Weg – alle anderen sollten 2 Punkte abziehen.