Agonoize.... ja, das ist schon was.... Meine letzte Begegnung fand vor fast zweieinhalb Jahren statt. Damals versprachen mir die Berliner Elektronikfreunde die 'Wahre Liebe', doch heute wurde daraus eine 'Apokalypse'.

Tja, so kann es einem eben in Gefühlssachen gehen. Album Nummer 7 ist emotional aber wie gewohnt wenig bewegend, denn die Jungs bleiben ihrem Motto 'Stumpf ist Trumpf' treu. Fans wird es freuen, Unker werden unken und Kritiker können sich wie immer entscheiden: sind Agonoize nun gut weil effizient, tanzbar und schön in-die-Fresse oder ists günstiger Retortenstampf mit plakativ-niedrigschwelligen Texten. Ich habe wenig Muße, das enthaltene Material en detail zu besprechen: Agonoize sind Agonoize bleiben Agonoize. Ich habe zwar nie das Gefühl, schlechte Konservenkost zu bekommen, das vorantreibende und zugleich sehr enge Korsett bringt aber auch Massiv-Monotonie mit sich. Die Band hat es also erneut verpasst, eine berührende Melodie zu komponieren. Jeder Ton treibt Fans (im Anschluss an das Intro) auf die Tanzfläche. Ich aber kann mir keine Band vorstellen, die es schafft, ein Album mit 12 Tanzflächenfüllern zu schaffen. Nein, die Gefahr wird sogar höher, dass kein Song wirklich heraussticht, wenn alles sehr ähnlich klingt.... Textlich gilt: Agonoize sind Agonoize bleiben Agonoize. Und das kann man mögen, literarisch ists aber eben Schonkost. Das zu kritisieren wäre unfair... als ob man einen Stabhochspringer dafür kritisiert, dass er hoch springt. Agonoize bleiben ihren Grundthemen treu: pubertäre, eindimensionale Religionskritik, Diskothemen ("Toxin" kann man bestimmt nach einen Streit volltrunken auf der Tanzfläche mitschreien und denken, Agnoize sprechen einem aus der Seele) und eine nicht sehr komplexe aber immerhin vorhandene Sozialkritik, die zur Reaktion auf gesellschaftliche Prozesse aufruft ("Dafür" oder mit Abzügen „Endstation Tod“).

Aber auf 'Apokalypse' findet sich auch "Deutsch" und auch wenn ich annehme, dass es gezielte Provokation sein soll (ist der Text doch auch (fast) als einziger abgedruckt im Booklet direkt auf Seite 1 zu finden) ists doch eine wunderschöne Sache für alle Deutschtümmler, die sicherlich eher unreflektiert an den Text herangehen. „Ja Entschuldigung, das darf doch mal in dieser Klarheit gesagt werden“ – eventuell, aber nicht auf diese plakativ-eindimensionale Art und Weise. Natürlich falle ich als Rezensent darauf ein und mache genau das Gewünschte: ich hebe den Zeigefinger, aber Herbert wusste schon: Der Mensch bleibt Mensch. Und hier einmal zum Genießen: "erbrochen aus dem grau einer wandelnden stadt im schalen neonlicht wirkt selbst das schönste abgefuckt überfüllte straßen die du ganz allein durchquerst weil dich niemand hier versteht, egal was du begehrst in deiner heimatstadt bist allein du der exot die bedrohte art der die ausrottung droht es gab einmal eine zeit da schrie man revolution das wurde nun ersetzt durch gentrifikation ist es zu spät? keiner weiss wie es weitergeht excuse moi _ non comprende es tut mir leid doch ich spreche deutsch i am sorry _ no comprendo es tut mir leid doch ich, ich spreche deutsch an jeder straßenecke sieht man drogenticker stehen kotze, müll und dreck dominieren das alltagsgeschehen arme leute werden aus ihrem umfeld gefetzt wohnqualität durch tourismus ersetzt ich war immer bemüht fremde sprachen zu verstehen warum kann sich dann niemand hier in deutsch artikulieren? ich bin kein rassist und ganz sicher kein faschist einfach nur ein typ der das „zuhause“ fühlen vermisst was ist geschehen? Muss ich nun gehen?" Ein kurzes Wort zu der mir vorliegenden Deluxe Edition mit einem kleinen Live-Beitrag: in meinen Ohren der erfreulichste Teil des Gesamtpaketes, bekommt man hier doch in guter Qualität mit, dass die Jungs am besten für und vor ihren Fans agieren.

Und so habe ich mal wieder fertig mit Agonoize und kann attestieren, dass es sich bei den Berlinern um AggroTechGummibären handelt - jede Packung gleicht der anderen und manche mögen das, andere nicht und anspruchsvolle Kost erwartet keiner. Für mich ist in der Masse die musikalische Eindimensionalität und die Ebenen von Stil und Ausdruck in den Texten nur schwer zu ertragen und lässt das Album zum zähen Bassmarathon verkommen