Aesthetic Perfection - Close To Human

Aesthetic Perfection - Close To...

Viel konnte ich über die Amerikaner von Aesthetic Perfection nicht herausfinden. Also blieb nur eines: Reinhören in ihr Debütalbum 'Close To Human'. Was zunächst mit einer harmlos klingenden weiblichen Computerstimme beginnt, geht bereits mit Track 2 in die Vollen: Harte Beats und stark verzerrte Vocals setzen sofort ein. Architect lässt nichts mehr von dem anmutigen Intro Human übrig und haut mit eingängigen Melodiesequenzen, einem dröhnenden Beat und aggressivem Gesang ordentlich rein. Ein kurzer musikalischer Break mit melodischen Synths bietet nur wenige Sekunden zum Luftholen, dann folgt die nächste Runde krächzender Vocals, unterlegt von einem ansteckenden Tanzrhythmus.

Das folgende Fix ist dank seiner eingängigen Melodie noch tanzbarer – ein klassischer Tanzflächenfüller. Relapse fällt dagegen erst einmal völlig aus dem Rahmen. Dieses wunderschöne, leicht melancholische Instrumental-Zwischenspiel macht sofort Lust auf mehr. Doch Vorsicht: Danach geht es wieder kompromisslos heftig weiter. I Belong To You wird zwar ebenfalls vom typischen aggressiven Gesang getragen, ist aber von einer wunderschönen Melodie unterlegt – ein interessanter Kontrast, der im Midtempo-Bereich fortgeführt wird. Mit Overcast kommt schließlich ein Track ganz ohne verzerrten Gesang. Welch Wohltat – und dazu noch so schön! Leicht gehaucht und von schwebenden Klängen getragen, entfaltet der Song eine dichte Atmosphäre. Nach Relapse für mich ein weiteres Highlight des Albums. Warum nicht öfter so?

Coward beginnt ebenfalls melodisch, wirkt jedoch deutlich basslastiger und bedrohlicher. Vom sanften Gesang des Vorgängers ist nichts mehr übrig. Der einzige Track mit deutschem Titel ist Ersatz, und auch er gehört zu den Höhepunkten der Platte. Wie zu erwarten, handelt es sich wieder um ein Instrumentalstück – atmosphärisch und gelungen. Wechselnde Melodien, Lautstärken und Stimmungen verleihen dem Titel ein spannendes Gewand. Und wieder stellt sich mir die Frage: Warum nicht mehr davon? Anschließend folgt das altbekannte Spiel: Midtempo-Song mit durchgehendem Beat und verzerrtem Gesang. Schade nur, dass die vielversprechenden Melodien manchmal zu sehr von Beat und Bass übertönt werden. Immerhin wurde für den Abschlusstrack Reset noch einmal ein Instrumental gewählt.

Als die Platte zu Ende war, musste ich sie direkt noch einmal hören. Zwischendurch zweifelte ich fast, ob es sich tatsächlich immer um dieselbe Band handelt. Ich kann nicht behaupten, dass die schnelleren Tracks schlecht wären – sie sind sicher prädestiniert für Clubs und volle Tanzflächen. Doch Stücke wie Relapse und vor allem Overcast zeigen deutlich, dass hier noch ganz andere Talente schlummern. Architect oder Fix hingegen erinnern zu schnell an bereits Gehörtes – ohne Namen zu nennen. Jeder möge sich seinen Teil denken, bevor hitzige Diskussionen ausbrechen.

Ebenfalls schade: Bei dieser Art von Gesang geht der Text oft komplett unter. Also blättere ich im Booklet nach lyrischen Auswüchsen aus amerikanischer Feder – und stolpere gleich über die erste Merkwürdigkeit: Cover und Booklet stimmen nicht ganz überein, und die Titelliste wirkt leicht durcheinander. Sei's drum. Die Texte sind gar nicht schlecht. Hier wird über Fragen philosophiert, die die Menschheit seit jeher beschäftigen: Wer sind wir? Warum existieren wir? Was macht uns zu Menschen?

Am Ende muss ich gestehen, dass mir eine klare Bewertung schwerfällt. Auf Close To Human lassen sich viele interessante Ansätze erkennen. Mit Songs wie Overcast müssen sich Aesthetic Perfection keinesfalls hinter etablierten Szenegrößen verstecken. Andere Titel hingegen überzeugen weniger durch Eigenständigkeit. Dennoch ist Close To Human ein gelungenes Debütalbum. Mehr Mut zum Eigenen – und bitte mehr gesungene statt geschriene Vocals – würden dem Nachfolger aber sicher guttun. Meine Empfehlung: Am besten selbst reinhören!

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