Die französische Band "Ad Inferna" gründete sich bereits 1996 und benötigte, aufgrund von wechselnder Besetzung und Label-Problemen, fast 6 Jahre für ihr Debut-Album "L'Empire des Sens". Nach einer 5-jährigen Pause fanden sie sich 2008 in Form des aktuellen Line-Ups wieder zusammen und melden sich nun mit einem Nachfolger zurück. Das "Trance :N: Dance" betitelte Werk stellt eine wesentliche Weiterentwicklung zu seinem Vorgänger dar, indem es sich vom ursprünglichen Black Metal abkehrt und Elemente daraus mit EBM- und Electro-Industrial-Komponenten neu zusammensetzt. Der sich der französischen und englischen Sprache bedienende, männliche Gesang besteht grösstenteils aus eher gesprochenen Teilen in EBM-Tradition und wechselt zwischen klarer und verzerrter Stimme, wobei letztere stilistisch auf besagten Ursprung im Black Metal oder einen sehr trockenen Hals verweist.

Die Sängerinnen der Band werden hauptsächlich in Form von Background-Vocals eingesetzt und sorgen für die melodiöseren Teile. Das erste Lied ist ein Cover des bekannten Visage-Titels "Fade To Grey" aus dem Jahre 1981. Ich würde es als riskant bezeichnen, ein Album mit dem Cover eines weitgehend bekannten Stücks zu beginnen, da man schnell im Vergleich zum Original abstürzen kann. Dieses Schicksal bleibt Ad Inferna in diesem Fall jedoch weitestgehend erspart, das Stück leidet zwar unter dem Vergleich, bietet allerdings eine nicht uninteressante Interpretation in neuem Electro-Gewand. Der hier vorwiegend klare Gesang wird durch einen geradlinigen, simplen Beat und an Trance oder Futurepop orientierte Synthesizer-Klänge unterstützt. Beim Refrain setzen zum ersten Mal verzerrte Gitarren ein und verleihen dem Stück seine aussergewöhnliche Note, indem sie es in Richtung Industrial Metal verschieben. Mit der folgenden Nummer "Metamorphose" gewähren Ad Interna dem Anteil an Metal wesentlich mehr Spielraum, die Vocals sind verzerrt und die Gitarren sind durchgehend präsent, der technoide Beat und die Synth-Eingaben bleiben jedoch auch erhalten. Beim dritten Stück fallen die Gitarren vollständig weg und es wird mehr Gewicht auf eine düsterere Atmosphäre, die sich mit gängigen Dark Electro-Acts vergleichen lässt, und Melodie gelegt. Bei "Suicide Girls" treten die weiblichen Stimmen etwas mehr in den Vordergrund und ihr melodiöser Gesang wird teilweise von relativ schweren Gitarren-Riffs unterlegt, welche jedoch primär wieder nur beim Refrain zum Einsatz kommen.

In dem streckenweise etwas gemächlicher wirkenden "Transcender L'Extase" dienen sie auch eher als Accessoir denn als tragendes Element. Dies deckt sich mit der Aussage von V. Orias A., der sich für Komposition, Gitarren und Keyboards verantwortlich zeigt, dass immer erst im Nachhinein entschieden wurde, ob Gitarren hinzugefügt werden sollen oder nicht. Konstant bleibendes Element der Lieder ist der starre Kick-Bass, der scheinbar ohne grosse Veränderung von Anfang bis Ende durchläuft. Die übrigen Elemente werden in Bezug auf ihren Anteil an der Komposition jeweils variiert und geben dem Album die erwünschte Abwechslung, von der leichten Eintönigkeit der gesprochenen Textzeilen abgesehen. Neugier weckt noch einmal der Blick auf die Remixes, die letzten 4 Tracks des Albums. Der Beborn Beton-Remix ist im Vergleich zu den eigenen Werken der Synthpop-Gruppe kaum verspielt und sehr minimalistisch angelegt, der Rhythmus steht im Vordergrund und wird trocken durchgezogen. Vor allem im letzten Drittel wird der Eindruck von Techno-Einflüssen geweckt.

Der Combichrist-Remix bietet eine groovige Bassline und wirkt "voller" als der Remix von Beborn-Beton, jedoch entwickelt sich hier nicht viel und das Lied wummert mehr oder weniger vor sich hin. Der Soman-Remix trägt eindeutig seine Handschrift, ein mächtiger Kickbass kombiniert mit prägnanten Synthesizer-Klängen, die scheinbar die gesamte Tonleiter abfahren. Reaper folgt mit einer an Dark/Harsh Electro orientierten Interpretation von "Redemption" mit wabernder Bassline und druckvollem Kick. Zusammen mit der nachträglich nochmal verzerrten Stimme könnte man meinen, sie sei für den Remix gedacht gewesen. “We want to be free and do what we want!!!” Getreu diesem Zitat von Sänger V. V. Arkames zeigt sich Ad Inferna auf diesem Album verhältnismässig innovativ und beim ersten Hören vielleicht gewöhnungsbedürftig. Das Tempo ist durchgehend relativ hoch angesiedelt, Pausen bekommt man hier nicht wirklich geboten. Diese Bricolage aus verschiedenen Elementen und Genre weckt Interesse und weiss einzunehmen. Man darf gespannt sein, ob sie sich darauf ausruhen oder wieder einen Schritt weiter gehen werden. Die Remixes überzeugen für sich genommen nicht, im Kontext des Albums stellen sie jedoch eine weitere positive Abwechslung dar. Bei all der Kombinationsfreudigkeit ist es schade, dass dem Beat anscheinend keine besondere Aufmerksamkeit zugekommen ist, denn dieser variiert kaum. Genre-Fundamentalisten dürften mit "Trance :N: Dance" nicht viel anfangen können, Freunde von EBM und etwas zurückhaltenderem Industrial Metal mit einem offenen Ohr für Neues und Toleranz gegenüber abschreckenden Albumtiteln könnten jedoch Gefallen daran finden.