Das Jahr 2006 ist für Acylum, beziehungsweise für das Duo Pedro Engel und Kai Arnold, kein schlechtes Jahr gewesen. Das Debütalbum "Your Pain" schlug nicht nur hierzulande heftig ein und sicherte sich mit seinen harschen, brachialen Titeln die Tanzflächen der Clubs und eine breite Hörerschaft im Electro/Industrial/EBM-Bereich. Nun, nachdem fast zwei Jahre verstrichen sind, veröffentlichen die beiden Chemnitzer ihr zweites Album, den Nachfolger "Mental Disorder", ausgestattet mit 15 Titeln und darunter drei Remixe. Auch dieses Album ist nicht bereit Kompromisse einzugehen, oder die Hörer in irgendeiner Weise zu verschonen. "Mental Disorder" zeigt sich aggressiver, wütender, bedrohlicher aber auch musikalisch gereifter als das Debüt "Your Pain". Mit erschütternden Beats, verstört-verzerrten Vocals und scharfen Samples servieren Acylum den schwerverdaulichen Opener "Ruthless Aggressions", setzen mit dem resoluten, stampfenden "Rape" nach und erinnern kurz darauf mit "Glock 17" an den 26. April 2002, jenen Tag, der sich als "Amoklauf von Erfurt" ins Gedächtnis eingebrannt hat. Mit hartem Electrosound und den zahlreichen Samples, die sich aus Nachrichtenbeiträgen und Zeugenaussagen zusammensetzen, provozieren Acylum eine beklemmende Stimmung. Ebenso wie mit dem "Face To Face" - Titel, der als Sample u.a. die ersten Zeilen aus "SS marschiert in Feindesland" wiedergibt. Gut platziert, entschärft dann das rhythmisch-melodische "Alone". Die Titel "Mental Disorder", "Primary Road" und "Anaesthetic Effect", die das Mittfeld bilden, fallen wieder der Kategorie 'schwere Kost' zu und drücken Allerlei an Geschrei, Geräusche und Beats durch die Boxen. Tanzbar und weniger beklemmend ertönt "Hunger", für die Noise- und Beatfans schließen sich "Your Devotion" und "Fatal Decrease" an. Melodisch und tempogedrosselt steigt "Fatal Conclusion" ein, aber man mag gar nicht daran glauben, dass der Titel nicht doch plötzlich wechselt und eine heftige Soundattacke ausbricht. Man nähert sich mit Vorsicht und kann nach etwa 3 Minuten aufatmen, denn "Fatal Conclusion" hat keine so erschütternde Wende im Gepäck. Das Albumende naht und die Remixe stehen noch bevor. Xentrifuge steuern einen Remix von "Primary Road" bei und orientieren sich an der vorgelegten Härte des Sounds. "Hunger" im Accessory-Remix zielt auf die Tanzfläche und lockert somit zum (fast) Schluss noch einmal die Anspannungen, die "Mental Disorder" verursacht haben. Dieser Remix hätte eigentlich noch besser gepasst, wenn er nach dem Wynardtage-Remix gespielt worden wäre. Nichtsdestotrotz, ist auch dieser Remix empfehlenswert. Wynardtage schafft es nämlich den Titel "Glock 17" aus seiner Beklemmung erzeugenden Wirkung zu befreien und macht ihn tanztauglich. - Fazit: Das Album "Mental Disorder" lässt den Hörer erstmal verstört und aufgewühlt zurück. Ist man dann wieder an- und zu sich gekommen, bleibt der Eindruck von einer definitiven Weiterentwicklung und einer guten Produktion mit kleinen Schwächen in Form von Lückenfüllern. Reinhören!